Foto: Manfred Wegener

Die Gottlosen kommen

 

Die »Buskampagne« wirbt bundesweit

für Atheismus. Am ersten Juni-Wochenende hält der Doppeldecker-Bus in Köln.

Selbstmordattentate, religiöser Wahn, bigotte Sexualmoral und ein Papst, der in jedes Fettnäpfchen tappt – es gibt genug Gründe, vom Glauben an Gott genervt zu sein. Religionskritik boomt, auch in Talkshows und den Feuilletons. Gerade haben es die sieben Initiatoren der Berliner »Buskampagne« wieder geschafft.

»Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott« lautet ihr Slogan, mit dem vom 30. Mai bis 18. Juni ihr Doppeldecker-Bus durch rund zwanzig deutsche Städte tourt. Rund 40.000 Euro haben sie gesammelt. Wer nicht religiös sei, so das Ziel, solle durch die Kampagne »mutiger werden, sich gegen religiösen Hochmut zur Wehr zu setzen und sich in die öffentlichen Debatten einzumischen.«
Diese Debatten sind spätestens 2006 mit dem Buch des britischen Biologen Richard Dawkins befeuert worden. »Der Gotteswahn«, eine religionskritische Polemik, ist weltweit ein Verkaufsschlager. In Deutschland ist Michael Schmidt-Salomon, der mit seinem atheistischen »Manifest des evolutionären Humanismus« durch Talkshows gereicht wurde, ein Star der »säkularen Szene«. Der umtriebige Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung verpasst dem Atheismus das Marketing: Während des Weltjugendtags in Köln organisierte er eine »Religionsfreie Zone«, 2006 brachte er den neu gegründeten »Zentralrat der Ex-Muslime« ins Gespräch. Man brauche keinen Gott, so Schmidt-Salomons Credo, um friedlich und tolerant zu sein.

Zwar wird die Buskampagne von Privatpersonen betrieben, doch unter ihnen ist auch der Kirchenkritiker und Journalist Carsten Frerk, der im Kuratorium der Giordano-Bruno-Stiftung sitzt. Vorbild der Kampagne war eine Idee aus London. Dort hatten Anfang des Jahres Atheisten Werbung auf Bussen geschaltet: »There’s probably no God. Now stop worrying and enjoy your life.« Frerk und seine Mitstreiter wollten eine ähnliche Aktion in Berlin, Köln und München starten, doch die Verkehrsbetriebe lehnten ab. Das regt die Ungläubigen auf. Sie fordern Gleichbehandlung, schließlich gebe es in Bussen und Bahnen auch religiöse Reklame mit Bibelsprüchen. Auch aus allen anderen Städten, auf die sie ausweichen wollten, kamen nur Absagen.

Bloß die Essener Verkehrs-AG (Evag) sagte zunächst zu, machte dann aber einen Rückzieher. Als die Buskampagne die Zusage auf ihrer Internetseite veröffentlichte, habe es »massive Beschwerden gehagelt«, sagt Olaf Frei, stellvertretender Pressesprecher der Evag. »Viele wollten ihr Abo kündigen oder uns boykottieren.« Aufgrund der »schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen« habe man daraufhin die Zusage zurückgenommen. Ulrich Lota, Pressesprecher des Bistums Essen, dementiert jede Einflussnahme auf die Entscheidung: »Uns hätte das nicht gestört. Wir Christen wissen ja, dass es Gott gibt.«
Dennoch hat die Buskampagne schon vor dem Start Erfolge zu verbuchen: Die Evag will bis Ende Mai »grundsätzlich entscheiden, wie mit weltanschaulicher Werbung umzugehen ist – das beträfe dann auch katholische oder evangelische Werbung auf Seitenscheibenaufklebern in Busen und Bahnen«, so Frei. Ähnliches ist von der Berliner BVG zu hören.
Anders die KVB in Köln. Ihr Sprecher Joachim Berger sagt: »Die Werbung ist provokant und richtet sich gegen andere.« Bei der christlichen Reklame in der KVB sei das anders, findet er.

Jetzt touren die Gottlosen halt mit eigenem Bus. In Köln gehört Rainer Ponitka zu den Organisatoren. Der Veranstaltungstechniker aus Lindlar betreibt einen »Ketzer-Stammtisch« in einer Riehler Kneipe und ist NRW-Landessprecher des »Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten« (IBKA). Viele Mitstreiter hat er nicht. Der IBKA hat etwa 600 Mitglieder. »Bundesweit – und damit auch weltweit«, sagt Ponitka und grinst. Für ihn ist klar, dass viele Atheisten sich nicht in Verbänden organisieren wollen. Dass über »Buskampagne« diskutiert werde, sei schon ein Erfolg, sagt Ponitka: »Wir wollen zeigen, dass man ohne Gott glücklich sein kann.« In Köln sind außer einer Pressekonferenz noch Diskussionen und eine »humanistische Stadtrundfahrt« geplant. Der Rummel im Vorfeld der Kampagne ist wahrscheinlich größer als die eigentliche Veranstaltung. Das Marketing funktioniert. Und dass, obwohl »einfach ein Transparent auf vier Rädern durch Deutschland fährt«, sagt Carsten Frerk.

6. und 7.Juni, Buskampagne,
Ort, Uhrzeit und Programm demnächst auf
www.buskampagne.de
Außerdem: 6. Juni, Filmhaus, ab 19 Uhr: Vorträge, Musik, Film