Auf ein Neues
Während Jüdische Museen bundesweit fast schon im Trend liegen, nimmt in Köln die Debatte um einen Bau kein Ende. Am 2. Juli hatte die »Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur in Köln« OB Fritz Schramma und dem Kulturdezernat mitgeteilt, dass sie zu ihrem »großen Bedauern von der Finanzierung des Baues und seines Betriebs als Museum Abstand nehmen« muss. Das kam nun doch überraschend, auch wenn viele das insgeheim vermutet hatten. Für den 2008 vom Rat beschlossenen Bau eines Jüdischen Hauses in seiner ursprünglichen, von Rot-Grün forcierten Form bedeutet dies das Aus.
Der 1997 eigens dafür gegründete Förderverein unter Vorstand Benedikt Graf von und zu Hoensbroech hatte sich zunächst verpflichtet, die Kosten von etwa 15 Millionen Euro für das geplante Museum komplett zu übernehmen. Mehr noch: Man stimmte zu, sich auch an den Planungs- und Wettbewerbskosten zu beteiligen und das Haus unter eigener Regie zu betreiben. Zu viele Versprechen, um sie halten zu können. Schwierigkeiten hatte der Förderverein auch mit der Öffentlichkeitsarbeit: Dass namhafte Personen wie Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) im Kuratorium saßen, erfuhr man erst spät.
Nicht die besten Voraussetzungen für ein Jüdisches Haus, noch dazu an einer sensiblen Stelle wie dem historischen Rathausplatz. Glaubt man Kölner Stadt-Anzeiger und CDU, sind die Kölner strikt gegen eine Bebauung. Aber selbst wenn das stimmte: Mit den begonnenen Grabungen am Rathausplatz sind längst Fakten geschaffen worden.
Probleme mit dem Siegerentwurf
Auch der Ratsbeschluss, den Ausbau der Archäologischen Zone und den Bau eines Jüdischen Hauses als untrennbares Projekt zu sehen, macht die Lage nicht einfach: Der Siegerentwurf der renommierten Architekten Wandel Hoefer Lorch + Hirsch setzt die Vorgaben zwar eindrucksvoll und luzide um, lässt aber eine Entkoppelung der beiden musealen Bereiche nur schwer zu.
Dabei war die Entscheidung für ein solches Haus an einem Ort, an dem sich eines der ältesten jüdischen Viertel Europas befunden hat, eigentlich richtig. Da die Archäologische Zone aber zu großen Teilen durch das NRW-Strukturprogramm Regionale 2010 finanziert wird, muss dann umgehend gebaut werden. Die Zeit drängt also. Und die Finanzierung für den oberirdischen Bereich ist nach wie vor ungeklärt, ebenso wie die Frage der Trägerschaft.
Berlin zeigt, wie's gehen könnte
Die CDU im Rat will Kosten für die Stadt vermeiden. Dass man aus einem solchen Projekt langfristig Kapital schlagen könnte, wie andere Jüdische Museen zeigen – diese Einsicht ist der CDU in Köln noch nicht gekommen. Das mit 2000 Gästen täglich äußerst gut besuchte Jüdische Museum in Berlin von Stararchitekt Daniel Libeskind hat sich gerade wieder einmal vergrößert. Und vielleicht sollte man auch einen Gedanken darauf verwenden, dass ein Jüdisches Museum nicht zwangsläufig Konkurrenz für die benachbarten Kulturinstitutionen wäre, sondern ein attraktives Standortmerkmal mehr.
Barbara Moritz, Fraktionschefin der Grünen und Mitglied des Fördervereins, geht nun davon aus, dass die modifizierte Variante des Siegerentwurfs umgesetzt wird, der an die archäologischen Gegebenheiten angepasst wurde und auch den geforderten »Respekt vor der eigenständigen Architektur des Wallraf-Richartz-Museums« berücksichtigt. Es gäbe dann jedoch kein eigenes Jüdisches Haus mehr. Stattdessen würden die jüdischen Ausstellungsfunde Teil der Archäologischen Zone. Jede weitere Beteiligung des Fördervereins ist damit ausgeschlossen, und ein neuer Träger muss gefunden werden.
CDU will Bürgerentscheid
Wichtig ist Moritz der Standort Rathausplatz, denn der sei »Zeichen dafür, dass die jüdische Geschichte ein Teil der Geschichte Kölns ist«. Ganz anders argumentiert Winrich Granitzka. Der CDU-Fraktionschef will nicht nur einen neuen Wettbewerb zur Gestaltung der Archäologischen Zone, sondern auch einen Bürgerentscheid: »Angesichts der Bedeutung des Themas für die Stadtgestaltung schlagen wir ein offenes und transparentes Verfahren für die Entscheidung über die künftige Bebauung des Rathausvorplatzes vor. Dies kann auch durch einen Bürgerentscheid realisiert werden.« Dass die Regionale 2010 dafür keine Zeit mehr lässt, scheint Granitzka nicht weiter zu stören.
Welche Variante sich durchsetzen wird, hängt von der weiteren Finanzierung ab. Sollte etwa der Landschaftsverband Rheinland in das Projekt einsteigen, könnte es die Stadt doch noch schaffen, eine attraktive und realistische Lösung für den Rathausplatz zu finden. Dass dort etwas passieren muss, zeigt die momentane Situation: eine Ausgrabungsstelle ohne Informationen samt einem provisorischen Zelt, das zum Dauerzustand werden könnte – an einem der wichtigsten Plätze der Stadt. Was auch geschieht: Das kulturpolitische Image der Stadt hat erneut Schaden genommen. Aber wie lautet ein jüdisches Sprichwort: »Jedes Bergauf hat sein Bergab!« Also, auf ein Neues!