Bloß weg von der Schäl Sick
Ein Beton-Hochhaus, davor schmucklose Büsche – die typische Tristesse von 70er-Jahre-Zweckarchitektur. Nein, das Ingenieurwissenschaftliche Zentrum (IWZ) der Fachhochschule Deutz macht keinen guten Eindruck. FH-Präsident Joachim Metzner will hier weg. Die etwa 6.600 Studenten sollen in ein neues, modernes Gebäude umziehen: auf das Gelände der ehemaligen Dom-Brauerei an der Alteburger Straße in Bayenthal. Die Qualität der Lehre zu gewährleisten, heißt es in einer Begründung der FH-Leitung, sei sonst nicht mehr möglich.
Der Asta der FH weist darauf hin, dass das IWZ zwischen 2004 und 2007 bereits für zwanzig Millionen Euro saniert worden ist, sieben Millionen wurden allein in die Technik investiert. Auch neue Labore und Werkstätten wurden errichtet. Der Standort in Bayenthal habe nur Nachteile: zu wenig Platz, nicht verkehrsgünstig. Auch die mangelnde Transparenz der FH-Leitung wird kritisiert, Professoren und Mitarbeiter seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Metzner bestreitet das: »Alle sind regelmäßig von mir informiert worden.«
Die Schäl Sick fühlt sich abgehängt
Umzug oder nicht? Ein Gutachten, das vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW in Auftrag gegeben wurde, bestärkt den FH-Präsidenten in seiner Haltung. Darin heißt es, dass ein Neubau in Bayenthal 300.000 Millionen Euro kosten würde, nur 10.000 Millionen Euro mehr als die Sanierung des alten Standorts. Die Mehrkosten rechtfertigten die Vorteile eines Neubaus, sagt Metzner. Das Geld kommt aus dem NRW-Hochschulmodernisierungsprogramm.
Gegner des Umzugs halten diese Rechnung für geschönt. Klaus-Otto Fruhner, ehemaliger Wirtschaftsdezernent der Stadt, warnt vor dem Umzug. Er ist dagegen, »durch einen Abriss Vermögenswerte zu vernichten« und will eine Sanierung bei laufendem Betrieb. Die benötigten neue Flächen stünden bei den angrenzenden Abfallwirtschaftsbetrieben und der Berufsfeuerwehr zur Verfügung. Der Architekt Dieter Prinz hält zwar »eine Sanierung bei laufendem Betrieb für schwierig«. Dies aber sei kein Grund für einen Umzug. In der Leitbildgruppe »Attraktive Stadtgestaltung«, der Fruhner und Prinz angehören, heißt es zudem, die FH sei »unverzichtbarer Baustein für eine erfolgreiche Strategie der rechtsrheinischen Stadtentwicklung« und trage zur »Stabilisierung des rechtsrheinischen Kölns als Wohn-, Wirtschafts- und Bildungsstandort bei«. In Deutz und Kalk fühlt man sich abgehängt.
Winfried Dohm, Kalker Bezirksbürgermeister, hatte sich bereits am 12. Mai in einem Schreiben an seinen Parteikollegen OB Fritz Schramma gegen die Pläne ausgesprochen. Auch Andreas Hupke (Grüne), als Bezirksbürgermeister Innenstadt zuständig für Deutz, lehnt den Umzug ab. Allmählich formiert sich der Protest der Bürger. Es sind Unterschriften gesammelt worden, demnächst soll ein Blog über die Aktivitäten informieren und Ideen für die Aufwertung des Rechtsrheinischen liefern.
Coup der Bauwens-Gruppe
Doch sind für einen Neubau in Bayenthal anscheinend Fakten geschaffen worden: Der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) hat bereits Grundstücke für den FH-Standort in Bayenthal gekauft – von einer Unternehmensgruppe, deren Geschäftsführer IHK-Präsident Paul Bauwens-Adenauer ist – zugleich Initiator des städtebaulichen Masterplans. Der beauftragte Stadtplaner Albert Speer hatte das Planwerk letzten November vorgelegt – darin war kurz vor Abschluss noch der mögliche Umzug des IWZ von Deutz nach Bayenthal eingetragen worden. Ganz im Sinne von Bauwens-Adenauer, der nun in die Kritik gerät, weil die Bauwens-Gruppe zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Kauf von Grundstücken auf dem vorgesehenen Areal beschäftigt war.
Insgesamt hat sich die Bauwens-Gruppe seit Juli letzten Jahres sieben Grundstücke auf dem Gelände gesichert – und wenige Wochen später an den BLB verkauft. Mit einer beträchtlichen Gewinnspanne von zehn Millionen Euro. Einige Abgeordnete im Haushaltsausschuss des NRW-Landtags vermuten gegenüber der StadtRevue, dass die Kaufabsichten des BLB nach Köln durchgesickert seien.
Der Coup der Bauwens-Gruppe beschäftigte schon den Landtag in einer Sondersitzung. Zudem wurde die Bauwens-Gruppe vom BLB anschließend mit weiteren Ankäufen betraut. All dies signalisiert, dass der Umzug der FH längst vorangetrieben wird. Bis Jahresende soll die Entscheidung offiziell fallen. Zwar muss die Stadt Köln formal erst noch Baurecht schaffen. Doch selbst, wenn es im Stadtrat eine Mehrheit gegen die Pläne gäbe, würde diese wohl kaum dem politischen Druck der schwarz-gelben Landesregierung standhalten. Peter Kurth (CDU) und Jürgen Roters (SPD), die möglichen Nachfolger von OB Fritz Schramma, haben sich bereits für den Umzug ausgesprochen.