Hegemann, Goethe und die Rheinischen Rebellen

Irgendwann zwischen quietschi­gem Teenietum und Erwachsenwerden begehrt das »Ich« auf und wirbelt das Leben völlig durcheinander. Die Hirnanhangdrüse meldet klare Signale an den Körper und in bestimmten Organen pulsieren zum ersten Mal die Östrogene und Testosteron: Man ist verknallt, im Liebestaumel und möchte da sein, ja wo denn eigentlich? Und plötzlich ist dann später jetzt.

»Identitätsuche, unerfüllte Liebe, Rebellion, das hat uns letztes Jahr schon sehr beschäftigt und deswegen haben wir uns für zwei Texte entschieden, die das thematisch hergeben«, erklärt die szenische Leiterin Anna Horn die neue Produktion »Deine Fassade beginnt zu bröckeln« des Jugendclubs Rheinischen Rebellen 2.0 am Kölner Schauspielhaus. Die Ansage: »Ariel 15« trifft auf den unverwüstlichen »Werther« beziehungsweise Nachwuchsautorin Helene Hegemann auf Goethe. Sowohl Hegmanns Theaterstück, dass sie selbst Kunstmärchen nennt, als auch der Briefroman sind innere Monologe zweier Figuren, die den komplizierten Weg des eigenen Erwachsenwerdens und der ersten Liebe leidenschaftlich rekonstruieren.

»Ariel 15« bezieht sich auf Hans Christian Andersens und gleichzeitig Walt Disneys Märchenfigur, die das Wasser verlassen musste, aber an Land nicht leben kann, bei Hegemann heißt sie Lisa. Lisa lebt in Berlin, geht zur Schule und verbringt ihre Zeit meistens mit Leuten, die deutlich älter sind als sie, ebenso die Frau, in die sie sich verliebt. Wie Werther fühlt Lisa sich überall fremd, verzweifelt an ihrer unerfüllten Liebe. Doch während sich bei Goethe die Sprache mit der Veränderung des Seelenzustands von Werther wandelt, jagen sich bei Hegemann von Anfang bis Ende knappe Statements über das Selbst: »Ich bin 15, ich bin erwachsen, ich bin abhängig.«

Es wird also kein Kinderspiel für die Rheinischen Rebellen, sondern eine echte Herausforderung, aus den verschiedenen Sprechweisen Figuren zu erschaffen und sich zu entscheiden, wieviel Kompromisslosigkeit diese aufbieten werden.