Foto: Presse FCR Duisburg

Vorwärts in die Unabhängigkeit

Erstmals findet das DFB-Pokalfinale der Frauen nicht in Berlin, sondern in Köln statt. Der nächste Schritt in Richtung mehr Eigenständigkeit

 

Im Männerfußball ist es Tradition. Vor Bundesligaspielen treffen zwei Jugendmannschaften zum Vorspiel aufeinander. Die Ränge sind noch kaum gefüllt. Die Fans, die da sind, jubeln mal für die eine, mal für die andere Mannschaft und freuen sich, wenn die kleinen Nachwuchs­kicker beim Torjubel ihre großen Idole imitieren.

Auch in Berlin gab es seit 1985 ein ganz ähnliches Vorspiel. Mit einem Unterschied: Statt Jugendlichen kickten Frauen, und es war kein Freundschaftsspiel, sondern das Finale um den DFB-Pokal. Ansonsten glichen sich die Bilder: Beim Endspiel 2009 zwischen dem FCR Duisburg und Turbine Potsdam waren zum Anpfiff gerade einmal 2000 Zuschauer im Olympiastadion. Die restlichen 72.000 kamen erst zum vermeintlichen Haupt-Event, dem Männerfinale. »Die Stimmung war manchmal schon eine Katastrophe«, sagt Martina Voss-Tecklen­burg, Trainerin des Titelverteidigers aus Duisburg.

Die Zeit der leeren Ränge ist vorbei

Doch ab diesem Jahr soll alles anders werden. Die Zeit der leeren Ränge ist vorbei – so hofft man zumindest. Denn 2010 findet das Finale erstmals nicht in Berlin statt, sondern im Rhein­energiestadion in Köln. Ein längst überfälliger Schritt, findet Sonja Fuss. Die Nationalspielerin vom 1. FC Köln ist offizielle Botschafte­rin des Pokalfinales. »Der Frauenfußball in Deutschland ist so attraktiv geworden, dass er ein eigenes Endspiel verdient hat. Es ist ein großer Schritt vorwärts in die Unabhängigkeit vom Männerfußball,« sagt sie.

Durch die Verlegung nach Köln haben mehr Frauenfußball-Fans die Möglichkeit, das Finale live zu erleben. In Berlin gab es gerade einmal 1500 Tickets pro Verein. Zum Vergleich: Die ­Män­­ner-Vereine erhalten jeweils 20.500 Karten. Neben dem Mehr an Zuschauern hofft man vor allem auf die Signalwirkung der Verlegung. »Es ist jetzt nicht mehr das Anhängsel des Männerfinales. Das gibt dem Frauenfußball insgesamt Auftrieb,« sagt Petra Engel vom Kölner Amt für Gleichstellung, und DFB-Vize­präsi­dentin Hannelore Ratzeburg spricht vom »nächsten Schritt in der Entwicklung«.

45.000 Zuschauer beim Länderspiel gegen Brasilien

Ob die Motive des Deutschen Fußball-Bundes allerdings gänzlich wohlmeinend sind, dazu gibt es unterschiedliche Interpreta­tionen. Zwar dürfte in der Tat die zunehmende Popularität des Frau­enfußballs eine Rolle gespielt haben. Zum UEFA-Cup-Finale in Duisburg im letzten Jahr kamen 28.000 Besucher, zum Länderspiel gegen Brasilien in Frankfurt gar 45.000. Auf der anderen Seite gibt es aber auch pragmatische Gründe. Aufgrund des durch die WM 2011 durcheinander gewirbelten Terminplans soll das Pokal­fi­nale im nächsten Jahr losgelöst sein vom Männer-Termin. Damit im WM-Jahr alles glatt läuft, wird in diesem Jahr schon mal getestet.

Zudem ist der Vorspiel-Charakter zumindest im Fernsehen noch bewahrt. Die Pläne, das Finale an einem anderen Tag und zur besten Sendezeit auszutragen, scheiterten am Veto der übertragenden Fernsehanstalten, die einen Einbruch bei den Einschaltquoten befürchteten. Zu Unrecht, findet Fuss: »Frauenländerspiele sind ja auch nicht immer an Männerländerspiele angehangen. Und da kommen genug Zuschauer, und die Quoten sind auch nicht schlecht.«

5000 verkaufte Karten bis Mitte April

Ungetrübt ist die Freude über das neue sportliche Großer­eignis bei der Stadt Köln. Nach der verpassten Bewerbung als WM-Stadion 2011 will man nun das Pokalfinale zum großen Familien-Event stilisieren. Es gibt jede Menge Partys drumherum, eine Fan-Meile auf der Aachener Straße inklusive Entertainmentprogramm mit den Höhnern und allerlei Mitmachaktionen. Das unvermeidliche Motto: »Da simmer dabei«.

Wie viele dabei sein werden, wenn der Titelverteidiger aus Duisburg auf den USV Jena trifft, ist die große Frage. »20.000 Zuschauer wären eine gute Nummer«, sagt Harald Rösch vom Sportamt. Oberbürgermeister Jür­gen Roters (SPD) spricht bei der Pressekonferenz Anfang April von angestrebten 10.000 Besuchern. Bis Mitte April waren knapp über 5000 Karten verkauft – bei einer Gesamtkapazität von 50.000 Plätzen.

Rückkehr nach Berlin nicht ausgeschlossen

Von der Zuschauerzahl hängt vermutlich auch die Zukunft des Finales in Köln ab. Beim DFB will man den Verlauf abwarten und dann entscheiden. »Es muss ein Erfolg sein,« sagt Niels Barnhofer von der DFB-Pressestelle. Was genau das heißt, darauf will er sich nicht festlegen. Das sei schwer zu definieren, sagt Barnhofer. Eine Rückkehr ins Berliner Olympiastadion nach 2011 scheint nicht ausgeschlossen – falls das Experiment bezüglich Zuschauerzahlen und Einschaltquoten scheitern sollte.

Die Zukunft ist ungewiss – aber zumindest in zwei Bereichen haben die Fußball-Frauen schon jetzt Gleichberechtigung erlangt. Der neue Pokal wurde von einer Firma aus Mailand entworfen. Die Italiener haben auch die ­Pokale für WM, Champions League und Uefa-Cup der Männer gestaltet. Vor dem Finale finden zudem die Kölner Grundschulmeisterschaften statt – ganz wie bei den Männern bestreiten also kleine Jungs die Vorspiele.


15.5., 16 Uhr, Rheinenergiestadion,
FCR Duisburg – USV Jena. Tickets gibt’s an den bekannten Vorverkaufsstellen und auf www.dfb.de