Foto: Manfred Wegener

Querelen links außen

Die Linke Köln fällt derzeit durch Rück- und Austritte sowie Kritik am Führungsstil des Kreisverbandes auf


»Wir stellen somit fest, dass der Kreisverband Köln von einer eliteorientierten, sektiererhaft agie­renden Gruppe dominiert wird.« Diese Worte stammen aus der Erklärung von Elisabeth Sach­se, Cindy Kolter und Claudia Trappe-Nolden, mit der sie Ende Mai aus dem Kreisverbandsvorstand der Linken Köln zurückgetreten sind. Weni­ge Wochen vor der NRW-Landtagswahl im Mai hatten bereits 56 Mitglieder die Partei verlassen – bei insgesamt rund 900 Mitgliedern nicht unbedeutend. Die Gruppe um Enver Toksoy nimmt die »innere Verfasstheit« als »unheilbar desolat« wahr. Was ist los bei den Kölner Genossen?

Hans Günter Bell, Sprecher des Kreisverbandes, wiegelt ab. Die beiden Fälle müssten getrennt betrachtet werden. Den Rücktritt erklärt er damit, dass die drei ehemaligen Vorstandsmit­glieder parteipolitisch unerfahren seien. »Da muss man erst mal den Sinn von Tagesordnungen diskutieren«, sagt Bell, »und das frustriert einige.« Er räumt allerdings ein, dass manches in der Vergangenheit nicht op­timal lief. »Wir sind als Organisation gerade erst drei Jahre alt.«

Zu viel formell, zu wenig inhaltlich

Tatsächlich hat sich Elisabeth Sachse, die jüngst für den Landtag kandidierte, die Arbeit im Kreisverbandsvorstand anders vor­gestellt: »Meiner Meinung nach befasst er sich zu viel mit formellen, und zu wenig mit inhaltlichen Fragen.« Unter anderem deshalb hätten sie, Kolter und Trappe-Nolden ihre Posten geräumt. Auch die »Tricksereien« der innerparteilichen Strömun­gen kritisieren sie als störend.

Claus Ludwig, Mitglied der Linken-Fraktion im Rat der Stadt, sieht das anders. Unterschiedli­che Strömungen bestünden zwar. Und er selbst gehöre der Unabhängi­gen Kritischen Linken, also dem linken Flügel innerhalb der Partei und damit einer Minderheit an. »Die Dominanz der Sozialistischen Linken ist allerdings nicht so, dass sie das Arbeiten unmöglich mache«, sagt er.

Diskussion um Klagemauer-Karikatur

Inhaltlich, darin sind sich alle einig, bestehen grundsätzliche Kon­flikte, etwa, wenn es um Nah­ost geht. Ausdruck dessen ist die Diskussion um eine Karikatur an der Klagemauer des Aktivisten Wal­ter Herrmann (SR 4/10). Sie spaltete den Kreisverbandsvorstand. Eine Gruppe um Bell gehör­te, empfand die Darstellung als antisemitisch. Sachse, Kolter und Trappe-Nolden sahen das an­ders und forderten Workshops zum The­ma Gaza-Krieg – ergeb­nislos. »Hier wird eine konstruktive Auseinandersetzung zwischen pro-palästinensischen und pro-israelischen Genossen bewusst vermieden.«

Die drei Genossinnen wollen sich weiterhin im Arbeitskreis Hartz IV und Soziales der Partei engagieren. Anders stehe es um die 56 ehemaligen Mitglieder, erklärt Bell; diese hätten sich schon vor dem Austritt kaum blicken lassen. Die Gruppe, laut Bell Anhänger des ehemals Linken-Bezirksvertreters in Mülheim, Ke­mal Bozay, sei enttäuscht gewesen, dass Bozay es 2009 nicht auf die Landesliste für die Bundestagswahl geschafft habe. »Dass sie dann bis kurz vor der Landtagswahl mit den vermeintlichen Austritt gewartet haben, halte ich für ein politisches Manöver.«