Foto: Jörn Neumann

Zurück auf die Straße

Eine Räumung des Autonomen Zentrums in Kalk ist wahrscheinlicher geworden

Der Coup war gelungen: »Spar­kasse schenkt Autonomen Haus«, stand in großen Buchstaben Anfang Juli auf den Verkaufskästen der größten Boulevard-Zeitung der Stadt. Zwar entpuppte sich die Trendwende im Fall des besetzten Hauses an der Wiersbergstraße als Guerilla-Aktion, doch der Humor war bewundernswert. Denn die Tage davor waren enttäuschend für die Betreiber des Autonomen Zentrums (AZ).

Nachdem sie einen Nutzungsvertrag vorbereitet und eine Vereinsgründung diskutiert hatten, warteten die Besetzer auf ein klares Zeichen der Stadtspitze. Das kam Ende Juni – allerdings nicht so wie erhofft. Zunächst erfuhren die Besetzer aus »gesicherten Quellen« von der drohenden Räumung des Gebäudes wegen baulicher Mängel. Die Räumung konnte verhindert werden, aber zwei Tage darauf erklärte Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD), dass er die illegale Besetzung für nicht hinnehmbar halte.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im Rat, Martin Börschel, bestätigt auf Nachfrage diese Position: »Wir haben nicht per se etwas gegen ein Autonomes Zentrum, aber die Besetzung ist keine Grundlage.« Politischer Druck auf die Eigentümerin wird also nicht ausgeübt. »Wenn es eine Mehrheit gäbe, könnte die Stadt auf die Sparkasse einwirken. Aber diese Mehrheit gibt es nicht«, so Barbara Moritz von den Grünen.

Uneingeschränkte Unterstützung erhalten die Besetzer nur noch von den Grünen und der Linken. In der Bezirksvertretung stellten deren Fraktionen eine Woche nach der kolportierten Räumung einen Dringlichkeitsantrag, um das Gebäude vor dem Abriss zu schützen, solange es keinen Bebauungsplan gibt. Kein schlechter Schachzug, da die Polizei gemeinhin nur dann räumt, wenn ein klarer Plan für die Zeit danach besteht – zum Beispiel ein baldiger Abriss. Sollte der nicht möglich sein, wäre auch eine Räumung unwahrscheinlicher.

Indes: Der Antrag ist lediglich ein Appell an die Eigentümerin. Und die Signale der Sparkasse könnten klarer nicht sein, nachdem Besetzer nach der vereitelten Räumung auch in einer Sparkasse in der Innenstadt demonstriert hatten. »Wir haben bisher auf Deeskalation gesetzt. Doch das ist nun vorbei. Wir werden die geeigneten Schritte einleiten«, so Sprecher Ralf Minwegen.

»Ich glaube nicht, dass wir hier noch lange drin bleiben«, vermutet Besetzer Tom. Die verbleibende Zeit in Kalk wollen sie noch mal zur Mobilmachung nutzen. »Wir gehen jetzt wieder mehr auf die Straße«, sagt er, und spricht von einer »letzten Offensive«. Für den Fall der Räumung ist eine »Reclaim the streets«-Party und eine große Demo ge­plant.

Zudem sei das Ende in Kalk nicht das Ende der Forderung nach einem AZ für Köln, erklärt Tom: »Wenn hier geräumt wird, besetzen wir ein anderes Gebäude.« Schade wäre es vor allem für den Stadtteil. Denn einer Räumung würde nach jetzigem Stand auch ein baldiger Abriss folgen – ein weiteres Brachgelände wäre das Ergebnis. Und wie Bezirksvertreter Hans-Peter Fischer von der Linken sagt: »Davon gibt es in Kalk schon genug.«