Verbotene Liebe: Kunst im Sog von Fernsehen

Im Jahr 1969 wurde das Fernsehen zum zweiten mal erfunden. Ein dutzend Künstler definierten es in einer New Yorker Galerie als kreatives Medium, indem sie Fernsehbilder verfrem­deten, TV-Geräte zu flimmernden Wandgemälden stapelten oder wie Nam June Paik seiner Lebensgefährtin Charlotte Moor­man ein Paar Minibildschirme als Büstenhalter an­legten. Mit dem normalen Fernsehprogramm konn­­ten die Künstler nicht viel an­fangen. Im Gegenteil: Sie woll­ten das Medium aus den Händen der Fernsehsender befreien und die blindlings konsumierenden Massen gleich mit dazu.

Heute sehen das die Kinder von »Daktari«, »Raumschiff En­terprise« und »Baywatch« natur­gemäß etwas entspannter. Und seitdem das Fernsehen seine Funktion als Leitmedium ans Internet verloren hat, zieht die Nostalgie in den Fernsehdiskurs ein. Für Künstler wie Kalup Linzy, Francesco Vezzoli oder Ryan Trecartin ist das Medium kein schwarzer Mo­nolith, sondern ein Wimmel­bild aus Erinnerungen und Erzähl­formen, mit dem sich wunderbar experimentieren lässt.­
Diesem anhaltenden Trend widmet der Kölnische Kunstverein seine Ausstellung »Verbotene Liebe: Kunst im Sog von Fern­sehen«. Historisch beginnt sie mit Andy Warhol, dessen Lust am Populären auch für die neuen Video- und Fernsehkünstler vor­bildlich ist.

So tritt Linzy in selbstgedrehten Casting-Shows und Seifenopern als Drag-Queen auf, während sich Chris Burden und Mel Chin dem Fernsehen eher in Guerilla-Manier nähern. Ersterer entführte bereits 1972 vor laufender Kamera eine Moderatorin, letzterer schmug­gelte mit dem GALA Committee manipulierte Requisiten in die Serie »Melrose Place«. Bei den Shows und Sendungen von Christof Schlingensief kann man dagegen sehen, wie sich die Grenzen des Fernsehens von innen heraus ausloten lassen.
Die Kuratorinnen haben sich viel vorgenommen. So wie man sich im Wildwuchs der TV-Kanäle schnell verlieren kann, droht auch in Ausstellungen übers Fernsehen immer die Gefahr des Channel-Surfings. Aber vielleicht liegt ja genau darin der Reiz des Mediums.