Grafik: Jan Dybała

Ost-Provinz

Von linksdrehendem Joghurt hat man schon gehört, von linksdrehenden Hakenkreuzen nicht. »Deutscher Propeller« nennt sich das, und so lautet auch der Titel einer Theaterproduktion, die auf Initiative des Kölner Musikers Matthias Mainz zusammen mit dem Autor Wilhelm Bartsch und dem Dramaturg Jochen Kiefer entstand. Mainz, der in Essen und Köln Jazztrompete studiert hat, arbeitet seit Jahren mit dem Label Realtime Research Projekt an Sparten übergreifenden Produktionen mit Choreografen, Videokünstlern oder Autoren zusammen. Er bat den Hallenser Autor Bartsch um Texte und bekam einen Stapel Haikus und ein dreiseitiges Kurzgeschichtenfragment.

Daraus entstand ein collageartiger Stücktext um die Ex-Punkerin Cora und ihre tragikomische Liebesgeschichte mit dem westlichen Neonazi Konnan und dessen Cousin Sven-Maik in der thüringischen Provinz. Die Geschichte wird aus der Perspektive der jungen Frau erzählt, die alle Figuren aus ihrer Erinnerung heraufbeschwört. In den Rückblenden treten auch Coras Eltern auf, die sich in den staatlich gelenkten Indianer-Vereinen der DDR engagiert hatten. Die Sehnsucht nach dem edlen Wilden in einem bürgerlichen Milieu stößt auf das Ressentiment gegen alles Fremde der rechtsradikalen Subkultur.

Der Reiz des durchaus komplexen Projekts bestand für den Komponisten Matthias Mainz darin, die verschiedenen Ebenen von Erinnerung und Gegenwart, von Spiel im Spiel musikalisch hörbar zu machen. Er produzierte ein Einspielband mit vierstimmigen Bläsersätzen, die über Lautsprecher in die Szene eingespeist werden. Die virtuell anwesenden Musiker seien so etwas wie Geister auf der Bühne, sagt er. Dazu kommen mit dem Kölner Schlagzeuger Frank Köllges, dem Gitarristen Serge Corteyn und Mainz selbst an der Trompete drei Livemusiker, die mit der Einspielung in Dialog treten, als Chor fungieren und die Texte der drei Schauspieler untermalen.

Die Inszenierung von Rabea Kiel kommt für zwei Aufführungen nach Köln. Wieder einmal stellt man fest, wie dringend die Stadt einen zusätzlichen variablen Spielort für Gastspiele und Produktio­nen des freien Theaters braucht.



»Deutscher Propeller«

Nach Texten von Wilhelm Bartsch,
R: Rabea Kiel, Alte Feuerwache,
28., 29.1., 20 Uhr.