Vom Marodeur zur Amme: Jeff Bridges

»True Grit« von Joel und Ethan Coen

Einen echten Mann mit Schneid sucht die 14-jährige Mattie Ross, nachdem ihr Vater heimtückisch ermordet wurde und der Täter unbehelligt aus der Stadt verschwunden ist. Sie lässt sich vom örtlichen Gesetzeshüter bei der nächsten Hinrichtung die fähigsten Kopf­geldjäger nennen.

 

Ihre Wahl fällt auf den versoffenen Marshall Rooster Cogburn, der trotz Augenklappe jeden Vogel vom Himmel schießt und im Ruf steht, selten Gefangene zu machen. Cogburn sträubt sich zunächst nach Kräften, den Teen­ager mit ins Indianergebiet zu nehmen. Doch auch Mattie hat Schneid und dazu ein Mundwerk, das selbst gestandene Männer zur Verzweiflung treibt.

 

Nach der Cormac-McCarthy-Verfilmung »No Country for Old Men« haben die Coen-Brüder mit »True Grit« nun ihren ersten richtigen Western gedreht. Aber natürlich stehen ihre drei Hauptfiguren – als Dritter stößt ein von Matt Damon gespielter Texas Ranger dazu – weitgehend quer zur Tradition. Jeff Bridges hält sich noch einigermaßen an die Vorgaben, die John Wayne vor gut vierzig Jahren in derselben Rolle machte. Dass der Marshall im Lauf der Handlung vom »Marodeur zur Amme« wird, wie der Ranger einmal spottet, kommt für diesen von Schuld geplagten Mann der Erlösung von vielen bösen Taten gleich.

 

Etwas anders liegt der Fall bei Mattie, von der man nicht einmal sagen kann, warum sie den Mörder ihres Vaters überhaupt zur Strecke bringen will. Rachegefühle sind ihr ebenso fremd wie Trauer oder Schmerz – was bleibt, ist das reine Pflichtgefühl gegenüber dem Verstorbenen.

 

Zwar ist »True Grit« nicht der große Wurf, den die US-Kritiken vermuten ließen, dafür aber ein höchst amüsantes Stück Genrekino. Statt der düsteren Mythenspur von Clint Eastwoods »Unforgiven« zu folgen, gehen Joel und Ethan Coen weiter ihren eigenen Weg – manchmal erkennt man in Bridges’ Marshall sogar den Big Lebowski wieder.

 

Insbesondere für den Western gilt, dass totgesagte Genres länger leben. Bei den Coens zwinkert einem der Leichnam vergnügt mit dem einen gesunden Auge zu.