Köln dealt weiter

Neue Runde im Messe-Skandal: Obwohl der Europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass die Vergabe des Messe-Neubaus an den Esch-Fonds rechtswidrig war, einigte sich die Stadt jetzt mit dem Investor, die Hallen weiter anzumieten. Ein Kommentar von Georg Wellmann

 

Mit einer sogenannten Interimsvereinbarung haben die Ratsmitglieder Anfang April einem dubiosen Umgehungsgeschäft zugestimmt, dass den Steuerzahler weitere Millionen Euro kosten wird.

 



Rückblick: Die Stadt hatte sich 2003 vertraglich verpflichtet, die vom Esch-Fonds errichteten neuen Messehallen über dreißig Jahre für insgesamt satte 750 Millionen Euro anzumieten. Der Vertrag war rechtswidrig, da die Stadt den Bauauftrag ohne jede Ausschreibung vergeben hatte. Das gesamte Messeprojekt ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29. Oktober 2009 nichtig und müsste rückabgewickelt werden.



Das sieht auch die Messe so. In einem Schreiben des Messechefs Gerald Böse an den Fondsinitiator und Bauunternehmer Josef Esch vom August 2010 weist er daraufhin, »dass das Vertragswerk zwischen der Stadt Köln und Ihrer Gesellschaft gegen beihilferechtliche, vergaberechtliche und gegebenenfalls auch strafrechtliche Bestimmungen mit der Folge der Nichtigkeit verstoßen haben dürfte.«



Tatsächlich gibt es im Zusammenhang mit dem Messe-Neubau neben dem Urteil des EuGH ein weiteres Verfahren der Europäischen Kommission wegen unerlaubter Beihilfen sowie ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln gegen Josef Esch, wegen des Anfangsverdachts der Bestechung. Das alles hinderte die Ratsmitglieder jetzt nicht, dem neuen Deal mit dem Esch-Fonds zuzustimmen.



Die Stadt beendete den ursprünglichen Mietvertrag erst im Juli 2010, nachdem die Europäische Kommission mit einem Zwangsgeld in Millionenhöhe gedroht hatte. Mit einem fragwürdigen Umgehungsgeschäft will die Stadt nun am Deal mit dem Investor festhalten. Die Mietzahlungen wurden kurzerhand in eine »Nutzungsentschädigung« umbenannt. Bis Mitte 2014 zahlt die Stadt so bis zu 75 Prozent der ursprünglich vereinbarten Jahresmiete von 22,7 Millionen Euro an den Esch-Fonds.



Das EuGH-Urteil wird damit ad absurdum geführt. Denn das Mietverhältnis wurde nur kurzfristig beendet, um anschließend neue Mietzahlungen mit dem selben Investor zu vereinbaren, die man jetzt halt Nutzungsentschädigung nennt. Die Verantwortlichen bei der Stadt scheinen nichts aus dem Messe-Skandal gelernt zu haben. Wieder wurde der Deal ohne Prüfung der marktüblichen Konditionen und ohne ein Wertgutachten vereinbart, obgleich hinlänglich bekannt ist, dass die Mieten des Esch-Fonds am Markt als völlig überteuert gelten.



Nicht minder fragwürdig sind die vertraglichen Zugeständnisse, die die Messe gegenüber dem Esch-Fonds abgeben soll. Die Messegesellschaft hatte das Grundstück für das Bauvorhaben Ende 2003 an den Fonds veräußert und ist Untermieter der neu errichteten Hallen. Inzwischen hat sie wegen der festgestellten Nichtigkeit der Verträge eine Rückübertragung ihres früheren Eigentums verlangt. Laut der jetzt beschlossenen »Interimsvereinbarung« soll die Messe aber bis Mitte 2014 auf eine Rückübertragungsklage ebenso verzichten, wie auf Schadenersatzforderungen. Nutznießer ist allein der Esch-Fonds. Er bestreitet nämlich die Rechtmäßigkeit einer Grundstücksrückübertragung an die Messe, wie auch die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Mietverhältnisses.



Doch warum agiert die Stadt derart nachteilig für ihre Bürger? Ziel der »Interimsvereinbarung« sei es, so heißt es in der Ratsvorlage, »eine Zwischenlösung herbeizuführen, die die Führung weiterer Rechtsstreitigkeiten erübrigt«. Das dürfte bei der Europäischen Kommission kaum auf Verständnis stoßen. Die Stadt scheint vor allem daran interessiert, den Fonds-Investoren ihre üppigen Renditen zu sichern – auf Kosten des Steuerzahlers. Denn die »Interimsvereinbarung« mit dem Esch-Fonds ist vertraglich bis Ende Juni 2014 befristet. Genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem die zehnjährige Spekulationsfrist für die Investoren wegfällt und diese ohne Steuerverluste die Messehallen an die Stadt veräußern können.