Alles wird gescratcht: DJ Shadow

DJ Shadow

Es blinkt, blitzt, leuchtet, strahlt. An audiovisuellem Aufwand wird nicht gespart, wenn DJ Shadow dieser Tage rund um den Globus zieht. Die geballte Beamer-Power seiner aktuellen Show zeigt allerdings auch, wie schwer es sein kann, aus dem Schatten des eigenen Überwerks zu treten. Mitte der 90er Jahre war DJ Shadow mit verantwortlich dafür, dass die Popkritik aufgeregt nach Luft und um Wortschöpfungen wie Trip­hop rang. Was den Nachteil hat, dass er heute immer noch an seinem Geniestreich »Endtroducing« von 1996 gemessen wird. Aber er gibt alles beim Schattenboxen gegen sich selbst.

 

Im Grunde ist Shadow der Eminem des abstrakten, instru­men­talen HipHops: das weiße Kid, das sich als Außenseiter seine ­credibility über wahnwitzige Skills erarbeiten musste: Aufgewachsen in einer ländlichen Mittelschichtstadt in Kalifornien, gräbt er sich ohne entsprechendes soziales Um­feld in diese Musik hinein und wird zum Streber, zum perfekten Handwerker: Der manische Sam­m­ler soll Zigtausende Platten in seiner Sammlung haben. Sein Scratching kann nicht virtuos, die Sample-Auswahl nicht eklektisch genug sein.

 

Wo heute schnell ein Plagiats-Wiki oder die Anwaltskanzlei pro­­minenter Rechteinhaber zur Stelle wären, wurde Shadow noch als Pio­nier gefeiert. Für die Chuzpe, »End­troducing« ausschließlich aus Schnipseln anderer Leute Mu­sik collagiert zu haben, gab es einen Eintrag im Guinness-Buch der Re­korde. Seither brachte diese Schnitttechnik unterschiedliche Er­eignisse hervor, von UNKLE, dem Celebrity-Triphop-Projekt mit Mo’-Wax-Gründer James ­Lavelle, bis zum Bay-Area-Rap auf dem vorläufig letzten Shadow-Album »The Outsider« (2006).

 

Live operiert er von der Shadowsphere aus, der perfekten Form, die in alles Erdenkliche gemorpht werden kann: Augapfel, Totenkopf, Erdball, Bowling-Kugel, Spielball der Mächte – im Zentrum immer der DJ. In diesem Fall ist das nicht nur bildlich zu verstehen. Shadow führt in einer Kugel in der Mitte der Bühne
seinen Turntableism an diversen CD-Playern vor und lässt dazu ein Videofeuerwerk abfackeln. Alles geht mit allem, verbunden im Mix. Gott ist ein Crossfader.