Millionen gesucht! – Das Grabungsfeld der Archäologischen Zone am Rathaus<br>Foto: Manfred Wegener

»Es pressiert!«

Die Stadt baut die Archäologische Zone und das Jüdische Museum, doch die Finanzierung ist unklar

Es war der insgesamt fünfte Ratsbeschluss zum Projekt Archäologische Zone/Jüdisches Museum, den die Kölner Politiker am 14. Juli fällen mussten. SPD, Grüne, FDP und Linke haben beschlossen, dass die Stadt Baukosten von 51,7 Millionen Euro übernimmt, 14,3 Millionen Euro sollen vom Land NRW kommen, aus dem Topf für Stadtbaufördermittel im Rahmen der Regionale 2010. Zugleich wurde die Kämmerei angewiesen, 4,1 Millionen Euro für die Betriebskosten einzuplanen. 

 

Allein die Anzahl der Beschlüsse zeigt, dass der Baukomplex immer mehr zum Problemkomplex geworden ist. Zwar wurde der CDU-Antrag, aufgrund der unsicheren Finanzierung nur noch Schutzbauten für die Ausgrabungen am Rathausplatz zu errichten, zu Recht abgelehnt. Richtig ist aber auch, dass das Geld für die Bau- und Betriebskosten unsicherer denn je ist. So sollen die Betriebskosten durch die neu eingeführte Kulturförderabgabe – auch als »Bettensteuer« bekannt – bestritten werden, die aber ist trotz eines ersten positiven Urteils des Kölner Verwaltungsgerichts noch nicht im Säckel der Stadt. Gegen das Urteil hat ein Kölner Hotelier beim Oberverwaltungsgericht Mün-s-ter Berufung eingelegt.

 

Auch die Fördermittel vom Land lassen sich nicht so selbstverständlich verbuchen, wie die Stadt meint. Da darin auch Fördermittel der EU stecken und Archäologische Zone/Jüdisches Museum als Großprojekt eingestuft wird, gelten andere Regeln. »Das Projekt wird sehr strengen Maßstäben unterworfen«, sagt Thomas Otten, Referatsleiter Bodendenkmalpflege beim Wirtschaftsministerium in Düsseldorf. Das gilt in wirtschaftlicher Sicht, aber auch hinsichtlich der »Denkmalverträglichkeit«. Probleme sieht Otten, der auch im wissenschaftlichen Beirat der Archäologischen Zone sitzt, bei den rund siebzig Stützen im Grabungsfeld, die den Bau des Saarbrücker Architekturbüros Wandel Hoefer Lorch tragen sollen. »Der bislang vorgelegte Bauentwurf und die Statik sind nicht denkmalverträglich und genehmigungsfähig. Die Denkmalverträglichkeit ist Grundlage der Landesförderung«. Das Architekturbüro sieht das anders. Projektleiter Andreas Schmalz gibt die derzeitige Stützenzahl mit 62 an und sagt, dass die Anzahl noch verringert werden könnte. »Mit 55 Stützen sind wir gut dabei«, sagt er auf die Frage, wie viele Pfeiler unabdingbar seien. 

 

Weiterer Knackpunkt: Als das Land 2008 der Stadt die Fördermittel zusprach, erfolgte dies mit der Auflage, das Ausstellungs- und das Kommunikationskonzept nachzubessern. Das sei bis heute nicht abgearbeitet, sagt Thomas Otten vom Düsseldorfer Ministerium und sieht die Stadt zunehmend in Zeitnot: »Es pressiert!« Im Kulturdezernat ist derzeit Sommerpause, weder Dezernatsleiter Georg Quander, noch Projektleiter Sven Schütte waren für ein Gespräch zu erreichen. Die Stallwache hat Referatsleiter Roderich Stumm. Er ist guten Mutes, dass man den Antrag fristgerecht und entsprechend den neuen Anforderungen einreichen werde. 

 

Noch vor den Sommerferien hat es Gespräche von OB Jürgen Roters (SPD) und Kulturdezernent Georg Quander mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) über dessen Einstieg beim Projekt gegeben. »Im September wird es eine Beschlussfassung beim LVR geben, wie sich der Verband zu dem Projekt verhält«, sagt LVR-Sprecherin Birgit Ströter. Bei einem positiven Votum kann das von Zuschüssen zu den Betriebskosten bis zur Übernahme der Trägerschaft gehen. So unterstützt der LVR über sein Netzwerk »Kulturelles Erbe« bereits Museen wie die Römertherme Zülpich und die Zeche Zollverein in Essen. 

 

Der Komplex Archäologische Zone/Jüdisches Museum ist inzwischen zum Lehrbeispiel kommunaler Versäumnisse geworden. Dass die Stadt auf den Kosten fast allein sitzen bleibt, ist auch das Versagen der »Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der Jüdischen Kultur«. Die Stiftung wollte die Bau- und Betriebskosten des Jüdischen Museums bei Sponsoren einwerben und scheiterte 2009. Die Stadt hat sich zudem fünf- und sechsstellige Förderbeträge durch die Lappen gehen lassen: wegen nicht eingereichter Belege, Unkenntnis von Förderrichtlinien oder verschlafener Antragsfristen.

 

Und es hat sich gezeigt, wie wichtig eine Persönlichkeit wäre, die das Projekt mit Kompetenz, Integrität und werberischem Geschick nach außen und innen vertreten kann. Sven Schütte, das ist inzwischen klar, ist nicht der Mann dafür. Die Liste seiner Verfehlungen reicht weit zurück, und man findet darin sogar eine zweijährige Suspendierung vom Dienst. Fachliche wie persönliche Kritik an Schütte wurde in zwischen vom wissenschaftlichen Beirat, von Projektsteuerern,  Museumsdirektoren und Archäologen laut. Dass Schütte dem Projekt mehr geschadet als genutzt hat, ist of-fensichtlich. Inzwischen hat OB Jürgen Roters auf Antrag des Kulturdezernenten ein Disziplinarverfahren gegen Sven Schütte eröffnet.