Kein Platz mehr für sizilianischen Fisch? – ehemaliges Camp am Rudolfplatz<br>Foto: Jörn Neumann

Campen im Gegenwind

Was in Spanien begann, gibt es seit Mitte Juni auch in Köln: ein Protestcamp

 

»Schon die ersten Eindrücke haben gezeigt, dass die Menschen am Chlodwigplatz viel offener sind. Ich glaube, wir bleiben hier«, sagt Frank (Name geändert). Der 22-Jährige ist einer der Jugendlichen, die seit Mitte Juni aus Solidarität mit den südeuropäischen Revolten ihre Zelte am Rudolfplatz aufgeschlagen hatten. Seit Mitte Juli kampieren die Protestler nun in der Südstadt.

 

Wie in Spanien, wo die »Indignados«, die Empörten, seit Mai öffentliche Plätze besetzten, demonstrieren auch die Kölner für direkte Demokratie und mehr Mitbestimmung, wie Frank erklärt. »Ansonsten kann hier jeder Themen einbringen. Ein bisschen Chaos ist dabei durchaus gewollt. Man kann sich das wie einen politischen Workshop vorstellen, der zudem noch eine Außenwirkung hat.«

 

Doch es ist nicht einfach für die Kölner Empörten – aus verschiedenen Gründen. Zum einen sind da die unterschiedlichen Teilnehmer – neben linken Aktivisten sind auch unpolitische Menschen dabei. »Viele haben noch nie ein Plenum abgehalten. Aber die verstehen, dass wir das machen müssen, sonst würden wir ja im Kleinen das tun, worüber wir uns empören,« sagt Frank.

 

Dann ist da noch die Öffentlichkeit: Die Polizei stuft das Camp als politische Versammlung ein, geschützt durch die Versammlungsfreiheit. Ansonsten gibt es vor allem Gegenwind: der Express schimpfte unverhohlen über die Protestler. Die CDU forderte, Anwohner und Bürger zu schützen, und die SPD verlangte, die öffentliche Ordnung am Rudolfplatz sicherzustellen. Schließlich genehmigte der Rat der Stadt eine Veranstaltung der italienischen Handelskammer zu sizilianischem Fisch am Rudolfplatz für Mitte Juli. Nach Gesprächen mit der Polizei entschieden sich die Demonstranten umzuziehen – an den Chlodwigplatz in der Südstadt.

 

Einen Tag vor dem Umzug dann überfielen Unbekannte nachts das Camp. Dabei wurden zwei Teilnehmer ernsthafter verletzt, von schwerer Gehirnerschütterung und Gesichtverletzungen war die Rede. Für die Demonstranten eindeutig eine Attacke aus dem rechtsradikalen Lager: Es handele sich bei einem der Schläger um einen Rechtsradikalen aus Leverkusen, sagt Frank.

 

Als einen Rückzug will er den Umzug in die Südstadt nicht verstanden wissen. »Wir machen auf jeden Fall weiter. Langsam kommt das echt ins Rollen. Wir hatten zum Beispiel die große Feier mit Karneval Global. Und wir haben für die Zukunft noch einiges geplant. Da soll uns noch mal einer vorwerfen, wir würden nur campen.«

 

Aktuelle Infos findet ihr auf

deinplatzkoeln.blogsport.de