Hat lukrativen Job zu vergeben – Kulturdezernent Georg Quander<br>Foto: Jörn Neumann

»Es ist großes Interesse da«

Was passiert mit dem Kölner Schauspiel, wenn die Intendantin Karin Beier aufhört? Ein Gespräch mit Kulturdezernent Georg Quander

StadtRevue: Herr Professor Quander, die Schauspielintendantin Karin Beier hat bis 2014 in Köln und ab 2013 in Hamburg einen Vertrag. Wie gehen Sie damit um?

 

Quander: Wir wollen Karin Beier keine Steine in den Weg legen, 2013 in Hamburg anzufangen. Die Frage der möglichen Überlappung von einer Spielzeit ist aber völlig offen. Wenn wir jemanden finden, der frei ist und Lust hat, die Aufgabe 2013 anzugehen, dann glaube ich, dass wir zu einer Lösung kommen.

 

Wann wollen Sie den  Nachfolger offiziell bekannt geben?

 

Ich gehe davon aus, dass wir es im frühen Herbst wissen werden. Dann haben wir in jedem Fall zwei Jahre Vorlauf. Zum Vergleich: Bei Karin Beier betrug der Vorlauf nur eineinhalb Jahre

 

Bevorzugen Sie einen Regie führenden Intendanten oder die sogenannte Manager-Variante?

 

Beide Profile sind möglich. Allerdings haben wir in Köln mit Regie führenden Intendanten gute Erfahrungen gemacht und nicht ganz so gute mit solchen, die sich mehr auf das Managen konzentriert haben. 

 

Momentan gibt es viel Fluktuation im Ensemble, wenn man die Gäste dazuzählt. Wollen Sie mehr Kontinuität bei den Top-Spielern?

 

Wenn man sich einmal entschieden hat, ist der Intendant verantwortlich und frei in seiner Entscheidung. Aber die Frage, wie bedeutsam das Ensemble für den Theaterleiter ist, spielt in den ersten Gesprächen eine Rolle. Ich glaube, Schauspielerpersönlichkeiten sind für das Sprechtheater enorm wichtig, weil sie die Stücke Abend für Abend transportieren und das Publikum sich zu allererst mit ihnen identifiziert.

 

Das gilt weniger für experimentelle Theaterformen, die Karin Beier viel im Programm hat.

 

Bei allem experimentellen Ansatz, den Karin Beier mit Bravour leistet, ist das Kölner Haus ein klassisches Stadttheater. Dazu gehört die Bindung des Publikums an das Haus. Schauspieler wie Martin Reinke oder Anja Laïs sind Gesichter, die das Publikum kennt. Solche Darstellerpersönlichkeiten transportieren auch manchen schwierigen Theaterabend!

 

Ein ensemblebezogenes Kuratorenmodell kommt also nicht infrage?

 

Ich halte ein Kuratorenmodell  mit Blick auf die Struktur eines Hauses wie dem unseren nicht für geeignet. Die Aufgabe des Intendanten ist es, den Gesamtbetrieb zu führen. Neben der künstlerischen ist das mindestens zu gleichen Teilen eine klassische Kulturmanagement-Aufgabe. Diese Person muss viele Millionen verantworten und den Kopf dafür hinhalten.

 

Sie wollen weiterhin eine Mischung aus klassischem Stadttheater und Experiment?

 

Absolut. Das ist ja nicht nur in Köln ein Trend, sondern deutschlandweit und international. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit freien Gruppen oder die Internationalisierung der Produktionen. Der Weg, den Karin Beier eingeschlagen hat, ist absolut richtig. Wichtig wird die Frage sein, wie ein Nachfolger diesen Trend fortschreiben, dabei aber trotzdem ein neues Profil für das Haus entwickeln kann.

 

Soll das Thema Migration für den Nachfolger weiterhin eine Aufgabe sein?

 

Ja. Die Bevölkerungsstruktur in Köln weist nun einmal – zunehmend – einen sehr  hohen Anteil von Migranten auf.  Wobei Karin Beier und ich feststellen mussten, dass das keine leichte Aufgabe ist. Man kann aber zum Beispiel stärker auf Autorenprojekte setzen, in denen Stücke zusammen mit Migranten entwickelt werden.

 

Handeln Sie bei der Suche auf eigene Faust?

 

Ja, das habe ich bei Karin Beier oder bei Opernintendant Uwe-Eric Laufenberg auch so gemacht. Eine Findungskommission in einem Gebiet, in dem man sich selber auskennt, bringt nicht viel. Ich kenne die Nachfolge-Kandiadten oder weiß von ihnen und wie ich sie ansprechen kann.

 

Haben Sie von Kandidaten Bedenken gehört wegen der kulturpoliti­schen Skandale, mit denen Köln überregional verbunden wird?

 

Seit ich Kandidaten für Kölner Kultureinrichtungen suche, habe ich es noch nicht  erlebt, dass jemand gesagt hat: Bleib mir mit Köln weg. Es ist immer ein großes Interesse da. Das Schauspiel findet nach der Position, die wir uns erarbeitet haben, jeder interessant.

 

Mit wie vielen Kandidaten haben Sie gesprochen?

 

Die Liste umfasst etwa ein Dutzend. Ich denke, am Ende werden es etwa drei Kandidaten sein, mit denen ich nach der Sommerpause vertiefend sprechen werde.

 

Das Schauspiel zieht 2012 in die Expo-Hallen am Krefelder Wall und bleibt dort mindestens bis 2015. Wie soll der Nachfolger mit der Interimssituation umgehen?

 

Diese Frage spielt eine zentrale Rolle. Der Nachfolger kommt nicht in ein normales Haus, sondern in ein Provisorium. Das Interim muss sich jemand zutrauen, er oder sie muss dazu Ideen haben. Die neue Person hat es  mit einer voraussichtlich zwei Jahre währenden Ouvertüre auf eine große Neueröffnung hin zu tun. Das macht die Suche durchaus etwas schwierig, diese Umstände setzen eine  vertiefte Theatererfahrung voraus.

 

Also müsste es jemand sein, der sowohl als freier Regisseur als auch als Theaterleiter Erfahrungen hat?

 

Genau.