Ordentlich abgewatscht

Die Kölner CDU fordert Führerscheinentzug bei »bekannten aggressiven Straftätern«. Ärgerlicher Populismus, meint Anja Albert

Wir sind weder in Hessen, noch im Wahlkampf, und das Sommerloch ist auch vorbei. Eigentlich keine Zeit für Populismus. Dennoch hat die Kölner CDU mal wieder ihre Zuneigung zu emotional aufgeladenen Themen mit einfachen Lösungen entdeckt.

 

Bereits im Juli war die Partei mit ihrer aktionistischen Linie aufgefallen. Sie appellierte an den Kölner Polizeipräsidenten, das »Zeltlager am Chlodwigplatz« – gemeint waren Protestcamper, die nach spanischem Vorbild demonstrierten – aufzulösen. Mit der Kölner Klagemauer am Dom sollte ähnlich verfahren werden. Die CDU-Politiker warnten davor, dass ein »Demonstrationstourismus« in Köln Einzug halte.

 

Ihre neueste Forderung: »Bekannten aggressiven Straftätern« soll der Führerschein entzogen werden. Dabei sei unerheblich, ob die begangenen Straftaten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stünden, betont CDU-Chef Winrich Granitzka und liefert prompt die Begründung: »Fachleute sind sich einig, dass ein Fahrverbot gerade bei jungen Menschen eine enorm abschreckende Wirkung hat«.

 

Im Ausschuss Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen haben sie jetzt die Stadtverwaltung beauftragt, das sogenannte »Münsteraner Modell« auch für Köln zu prüfen. Seit einem Jahr wird dort ein »Pilotprojekt« gefahren, bei dem die Stadt zusammen mit der Polizei bekannten Schlägern auf Basis der Straßenverkehrsordnung (im Rahmen des Verwaltungsrechts) den Führerschein wegnimmt.

 

Die absurde Forderung wirft Fragen auf: Was schwebt der CDU für Straftäter vor, die keinen Führerschein haben? Bekommen die ein befristetes KVB-Nutzungsverbot? Oder bleibt man konsequent und dehnt das Repertoire an Strafen munter aus: Fernsehverbot, Ausgehverbot, kein Nachtisch.

 

Auch die Verwaltung hat besagte CDU-Initiative gehörig abgewatscht. Das »Modell« der Stadt Münster sei keine neue Maßnahme, sondern bewege sich im Rahmen der gesetzlichen Pflichtaufgaben. Dies sei in Köln die normale operative Vorgehensweise. Allerdings nur dann, wenn gleichzeitig Straftaten und Verkehrsverstöße vorliegen. Gewaltdelikte, die in keinem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, musste sich die CDU belehren lassen, werden dagegen im Strafrecht abgehandelt und sind Sache der Bundesgesetzgebung. Nicht der Kölner Kommunalpolitik. Gerade der ehemalige Polizeidirektor Granitzka sollte den Unterschied zwischen Straf- und Verwaltungsrecht kennen.

 

Tatsächlich ist die Forderung auch brandgefährlich. Was macht man mit dem Kraftfahrer, der vielleicht seine Existenz verliert, oder der Mutti auf dem Land, die die Kinder nicht mehr zur Kita bringen kann? Es ist ein zivilisatorischer Fortschritt, dass der Instrumentenkasten des strafenden Staates immer weiter eingeschränkt wurde. Deshalb sollten Politiker nicht leichtfertig über neue Formen der Strafen diskutieren. Zumal dann nicht, wenn die innere Verbindung zwischen Tat und Strafe verloren geht und der Bestrafte die Sanktionen nicht mehr nachvollziehen kann. Damit verpufft die gewünschte Erziehungswirkung völlig.