Wackel mit den Hüften

Japanisch-deutsches Erotik-Musical: Underwater Love von Shinji Imaoka

?Asuka, Arbeiterin in einer Fisch­fabrik, wird demnächst ihren Chef heiraten. So ist es zumindest ge­plant. Doch dann steht eines Tages Tetsuya vor ihr – ein Schulkamerad, der vor 17 Jahren in ei­nem Teich ertrank und als »Kappa« wiedergeboren wurde. Tetsuya war damals in Asuka verknallt, und ­daran hat weder die Zeit noch der reinkarnationsbedingte Lebens­for­­menwechsel etwas geändert.

 

Kappa sind Fabelwesen von menschenähnlicher Gestalt, die zwischen einem und anderthalb Metern groß werden und zwischen 30 und 50 Kilogramm wiegen. Zu ihren besonderen Merkmalen gehören ein schnabelgleiches Maul, ein schildkrötenpanzerartiger Rücken, drei After sowie eine Wassermulde, die sich in der Mitte ihrer Schädeldecke befindet. Letz­tere ist für Kappa von lebenswichtiger Bedeutung: Sie muss immer mit ein wenig Wasser gefüllt sein, ansonsten sterben sie. Kappa leben dementsprechend meist in der Nähe von Gewässern, wobei sie sich im Winter, wenn ihr Habitat vereist ist, gern in die Berge zurückziehen. Kappa sind eigentlich harmlose Gesellen. Sie treiben aber gerne ihre Späße mit den Menschen – wobei diese manchmal tödlich enden.

 

Passend zu seinem Protagonisten ist Shinji Imaokas »Underwater Love« ein wunderbar bizar­rer Hybrid: Man kann ihn entweder als Erotikfilm (pink eiga) mit liebenswürdig campen Tanz- und Gesangseinlagen sehen oder als ein minimalistisches Musical (Mu­sik: Stereo Total), in dem mehr und enthusiastischer gevögelt wird als in allen MGM-Produktionen des Gen­res zusammen.

 

Pink eiga sind spottbillig, und obwohl »Underwater Love« nach deren Maßstäben eine veritable Superproduktion war – es ist die erste (Ko)Produktion des Kölner Verleihs Rapid Eye Movies –, sieht man, dass auch hier wieder mehr mit dem Kopf als dem Geldbeutel gearbeitet werden musste. So besticht das Kappa-Kostüm durch sei­­nen Regenmantel-Charme, wäh­­rend die Tanznummern in ihrem fröhlichen und schlaksigen Wa­ckel-mit-der-Hüfte-und-Schüttel-die-Arme-Dilettantismus etwas ungemein Berührendes haben.

 

Das kennt man von Imaoka: die Mischung aus Alltäglichem und Absurdem, zärtlich Men­schen­freundlichem und überbordend Phantastischem. Wer könnte zum Beispiel jemals die Love-Hotel-Hölle aus »Uncle’s Paradise« (2006) vergessen, in der mit dem Teufel Schnick-Schnack-Schnuck um eine Seele gespielt wird? Ähnlich metaphysisch geht es auch hier zum Ende zu. Gestellt werden die größten aller Fragen: Wofür lohnt es sich zu leben – und wofür zu sterben?

 

(Onna no kappa) J/D 2011, R: Shinji Imaoka, D: Sawa Masaki, Yoshirô Umezawa, Ai Narita, 86 Min. Start 27.10.