»Wir versuchen, etwas Schönes zu machen«

Klee wechseln vom Indie-Pop zur öffentlich-rechtlichen ­Unterhaltungskultur. Ein ­Gespräch über Patrick Lindner, Romantik und Abgrenzung

Sie sind der zurzeit erfolgreichste Kölner Pop-Export. Mit ihrem fünften Album »Aus lauter Liebe« sind Klee auf Platz sechs in die Charts eingestiegen. Dabei gibt es die Band, wenn man die Vorgängerformation Ralley dazuzählt, schon seit 1996. Klee starteten als typische Indie-Band und erspielten sich ihr Publikum durch ausgiebige Tourneen. Zwischen 80er-Jahre Britpop (New Order, The Cure) und niveauvollem deut-schen Schlager bewegen sich Klee seit Anbeginn ihrer Karriere. Erst mit dem vierten Album wechselten sie zu einem Majorlabel. Inzwischen bekennt sich die Band klar zum Mainstream und schreckt auch vor Aufritten in ZDF-Unter-haltungssendungen nicht zurück.

 

StadtRevue: Herzlichen Glückwunsch zu eurem ersten Top-10--Erfolg. Wie wichtig ist das für euch?

 

Sten Servaes: Es war schön zu sehen, dass die Tendenz bei uns immer noch steigt. Das geht nicht allen Kollegen so. Wenn du in den Top-10 bist, ist das immer noch ein Gütesiegel. Dann gibt es einen anderen Rückhalt in der Plattenfirma, die ticken halt so.

 

War der Druck, dass das Album -erfolgreich wird, sehr groß?

 

Suzie Kerstgens: Es war eher unser eigener Wille, weiterzumachen, den Kopf über Wasser zu halten in dem Meer deutschsprachiger Popmusik

 

Sten: Klee ist ja jetzt zehn Jahre alt, rechts und links sind tausend Sachen aus dem Boden geschossen, manche halten sich, das ist echt ein Kampf. Aber wir wollen das ja machen, und die Prämisse ist natürlich, dass es erfolgreich ist. Man will davon ja leben.

 

Welchen Einfluss hat das auf eure Musik?

 

Suzie: Wissen wir nicht. Wir haben uns so bauchgefühlig wie sonst noch nie gegeben. Einfach mal passieren lassen, auch die Arbeit im Studio.

 

Sten: Wir hatten uns aber auch ge---zielt vorgenommen, ein ganz ge-fühl--volles Album zu machen, das Thema Liebe noch mehr zu beackern, nicht bei jedem Song im Indiepop bleiben zu müssen, sondern zuzulassen, dass klar ausgesprochen wird, worum es denn da eigentlich geht – so wie im Albumtitel.

 

Ihr tretet bei Sendungen wie »Willkommen bei Carmen Nebel« oder  »ZDF-Fernsehgarten« auf. Dort agie--ren Figuren, über die ihr bislang wahrscheinlich gelacht habt, wie DJ Bobo oder Patrick Lindner. Seht ihr das alles aus einer Art Maulwurf-Perspektive? 

 

Sten: Wir haben uns da nicht -selber reingegraben. Das kam auch nicht von unserer Platten-firma. Irgendein verantwortlicher Redak-teur hat da wohl erkannt, dass das Musik ist, die auch dort funktioniert. Natürlich ist das bizarr, weil das Leute sind, die wir bis dahin nur aus dem Fernsehen kannten.

 

Suzie: Wenn man auf großen Fes-tivals spielt, hat man mit den großen internationalen Bands auch nichts zu tun.

 

Aber ich gehe mal davon aus, dass ihr mit den Red Hot Chili Peppers immer noch mehr gemein habt als mit Patrick Lindner.

 

Suzie: Andererseits würde eine Band wie die Chili Peppers, wenn man gemeinsam in einer Sendung auftritt, niemals ankommen wie Patrick Lindner und sagen: »Hallo, ich bin der Patrick! Suzie? Klee? Freut mich, dich kennen zulernen.« Er hatte sich mit uns im Vor-feld beschäftigt. Es gab da nieman-den, der nicht auf uns zugegangen wäre, der nicht seine Hilfe angeboten hätte. Ich dachte, da wür-de es viel mehr Abgrenzung geben. 

 

Hat man als deutsche Band einfach nicht so sehr die Chance, sich abzugrenzen, wenn man ein großes Publikum erreichen will?

 

Sten: Abgrenzung ist keine Kategorie für uns. Im Gegenteil: Wir wollten immer grenzenübergreifend agieren. Nicht ohne Grund sind unsere Lieblingsbands solche, die keine Kategorie bedienen, wie die Beatles. Wir wollten schon im-mer Musik für alle machen. Wenn man die Chance bekommt, in so ei-nem Fernsehformat seine Musik zu präsentieren, sollte man sie wahrnehmen.

 

Ihre seid eine Band, die für viele Fans etwas Familiäres darstellt. Sind -Leute, die sich stark mit Klee iden-tifizieren, nicht verunsichert und fragen: Kann ich weiterhin zur Klee-Familie gehören, wenn die mit DJ Bobo abhängen?

 

Suzie: Man muss auch mal eine bisschen hinter seinen Horizont gucken. Diese Eingrenzung, die-ses Nerdtum, das ist doch scheiße.

 

Als Hörer unterscheidet man aber nun mal zwischen Musik, der künstlerische Motive zugrunde liegen und solcher, die aus kommerziellem -Kalkül produziert wird. In diesen Schlagersendungen geht es nicht um künstlerische Statements. 

 

Suzie: Aber an unserem Sound hat sich nichts grundsätzlich verändert. Wir machen Popmusik. Das ist Unterhaltung. Da gibt es schon Dinge, an denen man sich festhalten kann. Sie gibt dir aber auch einfach etwas, um dich gut zu fühlen. Nicht mehr und nicht weniger.

 

Auf den Plakaten, die momentan überall hängen, werdet ihr als die »romantischste Band Deutschlands« beworben. Wieso ist das Thema so wichtig für euch?

 

Suzie: Ich fühl mich wohler im Umgang mit Menschen, wenn es nicht um Neid, Härte, Aggressio-nen und Ellenbogen geht. All das, was dir Albträume und Steine im Magen bereitet. Man fühlt sich doch viel wohler, wenn es Freude und Freundlichkeit gibt, wenn man weiß: Es ist jemand für dich da und du bist auch für jemanden da. 

 

Ist Musik für euch vornehmlich eine Bestärkung des Positiven?

 

Sten: Absolut. Wir versuchen, etwas Schönes zu machen. Ich denke immer nur in schönen -Melodien, ich kann musikalisch gar nicht böse denken.