Mit Leni Riefenstahl im Bootcamp

Wenn es eine geächtete Figur im deutschen Kulturkanon gibt, dann ist es Leni Riefenstahl. Während Ernst Jünger zum 100. Geburtstag Besuch von Kanzler Kohl erhielt, ist die Tänzerin, Schauspielerin, Filmemacherin und Fotografin durch ihre Propagandafilme für die Nazis, denen sie sich willig andiente, zur persona non grata geworden. Öffentliche Aufführungen ihres Hitler-Porträts »Sieg des Glaubens«, ihres Parteitagsfilms »Triumph des Willens« oder der beiden »Olympia«-Filme sind bis heute verboten – auch wenn inzwischen unbestritten ist, dass sie ästhetisch wegweisend waren. 

 

Das Analog Theater wagt sich jetzt an ein Biopic von Leni Riefestahl, die nicht davor zurückschreckte, in Filmen KZ-Häftlinge einzusetzen. Für Regisseur Daniel Schüßler ist die Filmemacherin zunächst die Symbolfigur für seine Auseinandersetzung mit der Nazizeit. Exemplarisch werfe sie die Frage auf, sagt Schüßler, wie Künstler mit Schuld umgingen. Nach 1945 beteuerte Riefenstahl nicht nur immer wieder ihre Unschuld, sondern stilisierte sich zur unpolitischen Künstlerin. Dass in ihren Fotoserien der afrikanischen Nuba einiges vom Körperkult ihrer Olympia-Filme überlebte, war allerdings unübersehbar. 

 

Nichtsdestoweniger besteht für Schüßler die ästhetische Kraft ihrer Filme, die ihren Einfluss bis in die Werbung und Sportberichterstattung entfalteten. Er respektiert auch den unbändigen Willen der Riefenstahl, die nicht nur als Stuntfrau in Bergfilmen gearbeitet, sondern sich als Filmemacherin in der absurd männerdominierten Welt der Nazis durchgesetzt hat. 

 

Doch wie nähert man sich einer solchen Figur? Schüßler will in der Studiobühne eine Art Riefenstahl-Bootcamp installieren, in dem Fakten aus der Biografie verhandelt werden. Der Regisseur und seine vier SchauspielerInnen haben aber auch Zusammenhänge zur expressionistischen Oper »Mörder, Hoffnung der Frauen« von Paul Hindemith und Oskar Kokoschka entdeckt. Und natürlich wird die von Performance und Fluxus geprägte Ästhetik des Analog Theater einen starken Kontrapunkt zur faschistischen Ästhetik bilden.