»Wir brauchen einen Politikwandel«: Frank Möller und Frank Deja, Foto: Manfred Wegener

Fünf Forderungen für ein Halleluja

»Köln kann auch anders« will die politische Kultur in der Stadt ändern

Die »fünf Prüfsteine zur Einleitung eines glaubhaften Wandels der politischen Kultur«, die die stadtweite Bürgerinitiative »Köln kann auch anders« (KKAA) jetzt vorgelegt hat, kommen zur rechten Zeit. Denn so flächendeckend wie heute war der Protest gegen die städtische Politik seit drei Jahrzehnten nicht. Auch weil der Wandel, der noch vor drei Jahren nach der Archivkatastrophe angekündigt war, für viele nicht zu erkennen ist.

 

Prompt sind die Forderungen von neun Bürgerinitiativen unterzeichnet worden, die sich rund um das Ehrenfelder Helios-Gelände, das ehemalige Stadtarchiv im Georgsviertel, im Umfeld des Godorfer Hafens oder am Klingelpützpark am Hansaring engagieren. Frank Deja und Frank Möller von KKAA betonen freilich, dass sie ihre Initiative keineswegs als Dachorganisation des Protests sehen. Allerdings kommt ihnen das Verdienst zu, dass die in lokalen Konflikten auftauchenden Forderungen nun zu Grundsätzen gebündelt wur­den, die die Stadtpolitik allgemein betreffen.

 

»Informationen werden immer noch rigoros abgeschottet«

 

Bürgerinitiativen gründen sich meist nur, wenn es um Projekte im Veedel geht, wenn zum Beispiel ein Shopping-Center verhindert werden soll wie in Ehrenfeld. Was aber ist etwa mit dem Kölner Messe-Deal, einem der eklatantesten Beispiele für fehlende Transparenz und eine sowohl wirtschaftspolitisch als juristisch äußerst fragwürdige Politik? »Solchen Projekten fehlt der Symbolgehalt, weil es dabei nicht um die Ausgestaltung eines Viertels geht«, sagt Möller. »Zudem sind diese abstrakten Infrastrukturprojekte schwer zu durchschauen, Informationen werden immer noch rigoros abgeschottet«. Eben darum wollen die Initiativen nun, dass grundsätzlich sämtliche Gutachten und auch Verträge, die die Stadt abschließt, offengelegt werden. Dann würden sich auch mehr Menschen in solchen Fällen engagieren, glaubt Möller.

 

»Uns geht es darum, sich dazu äußern zu können. Wir sehen eine große Chance für die Qualität der politischen Entscheidungen, wenn mehr Sachverstand von unterschiedlichen Seiten einfließt, dafür benötigt man aber alle Fakten«, sagt Frank Deja. »Die letztendliche Entscheidung liegt natürlich immer beim Rat der Stadt.« Tatsächlich sagen Mitglieder des Rats heute, sie wären damals bei der Entscheidung zum Bau der neuen Messehallen nicht ausreichend über die Folgen der Verträge mit dem Oppenheim-Esch-Fonds informiert gewesen.

 

Zurzeit will sich KKAA über den Aufkauf von Bio Campus Cologne durch die Stadt informieren, die defizitäre Stadtsparkassentochter kostet die Stadt knapp 21 Millionen Euro, weitere jährliche Verluste nicht eingerechnet. KKAA verlangt alle Unterlagen zu dem Vorgang.

 

Forderung nach einer Ombudsperson

 

Doch was die Einsicht der Stadtspitze betrifft, dass in der Bürgerschaft nicht nur notorische Nörgler und deren Partikularinteressen, sondern auch Kompetenz und Ideen vorhanden sind, ist man bei KKAA skeptisch – trotz umfassender Bürgerbeteiligungen zum Helios-Gelände oder im Georgsviertel. Frank Möller sagt: »Für mich ist noch nicht geklärt, ob die Stadtspitze tatsächlich einen Politikwandel oder bloß einen Imagewandel will.«

 

Um hier tatsächlich eine neue politische Kultur zu verankern, sind auf den jetzigen Forderungen auch institutionelle Einrichtungen vonnöten. So soll die Stelle des städtischen Anti-Korruptionsbeauftragten durch eine Ombudsperson ergänzt werden, die nicht zur Stadtverwaltung gehört. Das könnte ein Rechtsanwalt sein, der der Schweigepflicht unterliegt und dem Mitglieder aus Politik und Verwaltung mögliche Hinweise auf Korruption geben könnten. »Wenn ich bei der Stadtverwaltung arbeiten würde und müsste mich an jemanden aus der Verwaltung wenden, wenn es um einen Korruptionsverdacht gegen meinen Vorgesetzten ginge, hätte ich kein Vertrauen«, erklärt Möller.

 

»Weitere Unterstützer werden folgen«

 

Eine unabhängige Person soll auch bei Bürgerbeteiligungsverfahren schlichten. Auch ihr müssten alle benötigten Informationen vorliegen. »Man kommt nicht weiter, wenn man ein Büro anspricht, das die entsprechenden Campus-Handbücher gelesen hat, aber kein Vertrauen bei den Teilnehmern genießt«, sagt Frank Möller. In der Rolle des Schlichters sieht er eher »Menschen, die über alle Partei- und Initiativengrenzen hinaus Anerkennung genießen.« Auch Transpa­rency International unterstützt diese Ideen.

 

Im neuen Jahr will KKAA bei Politik und Verwaltung dafür werben. Ein Gremium mit Vertretern der neun Initiativen, die nun das Fünf-Punkte-Papier unterzeichnet haben, hat sich bereits gegründet. »Und weitere Unterstützer werden folgen«, kündigt Deja an. Die Forderungen müssten allerdings komplett erfüllt werden, sagt Möller. Nur dann könne sich die politische Kultur wirklich ändern. »Vielleicht sagen wir dann irgendwann, dass das der erste Schritt zur Selbstabschaffung von KKAA war«, hofft Möller.