»Dame, König, As, Spion« von Tomas Alfredson

An Heiligabend verteilt statt des Weihnachtsmanns Stalin Ge­schen­ke an den britischen Geheimdienst. Die Stimmung ist angeheitert, und als der Mann mit Maske und Kostüm auf die Bühne der Weihnachtsfeier tritt, gibt es kein Halten mehr. Alle stimmen die sowjetische Hymne an, allein George Smiley steht am Fenster und sieht, dass seine Frau einen anderen küsst. Als Smiley beauftragt wird, einen mutmaßlichen Maulwurf an der Spitze des britischen Geheimdiensts zu enttarnen, zeigt sich, dass in seinem Metier alles beruflich ist und nichts allein privat.

 

John Le Carrés Roman »Dame, König, As, Spion« erschien 1974 zur Hochphase des Ost-West-Konflikts. Mittlerweile ist der Kalte Krieg nur noch eine lauwarme Erinnerung und seine Leinwand-Protagonisten wurden von neuen Helden abgehängt – was sind schon Bonds kleine Extras gegen die Ein-Mann-Armee Jason Bourne? In seiner stilsicheren Verfilmung des Romans tritt Tomas Alfredson, der mit »So finster die Nacht« bereits dem Vampirgenre erfolgreich allen Glanz austrieb, deswegen die Flucht nach hinten an: Er widersteht der naheliegenden Versuchung die Geschichte zu modernisieren und schwelgt in rettungslos veralteter Technik und grauer Bürokratie. Wie das Buch ähnelt der Film dem taktischen Positionsspiel beim Schach. Es ist ein einziges Abwägen, Belauern und Fallenstellen. Der Geduldigere hat das bessere Ende für sich.

 

Die Details stecken voller amüsanter Teufeleien. Das beginnt mit zwei Besetzungscoups: Lein­wand-Zertrümme­rer Gary Oldman spielt die graue Eminenz Smiley und Benedict Cumberbatch – der Sherlock Hol­mes der aktuellen BBC-Miniserie – seinen Gehilfen, gewissermaßen seinen Dr. Watson. Dezent werden die Zeichen des Wandels eingestreut: Hippies auf der Straße verkünden ein neues Zeitalter, während der MI6 im Wahn vergan­ge­ner Größe gefangen ist. Allein Smiley scheint zu akzeptieren, dass nicht nur er, sondern das britische Empire als Ganzes eine Schach­figur im Spiel der großen Mächte ist. Am Ende kehrt seine Ehefrau zu ihm zurück – das ist möglicherweise das einzige unvergiftete Geschenk aus Stalins großem Sack.