100 Jahre Filmstudio Nikkatsu

Die letzten Monat begonnene Retrospektive mit Filmen des japanischen Filmstudios Nikkatsu kann schon jetzt als einer der Höhepunkte des Kölner Filmjahres 2012 gelten. Im März steht die zweite Hälfte der Firmengeschichte im Fokus.

 

Nikkatsu konnte sich in den späten 50er Jahren als Labor des modernen Genrekinos daheim wie in der Welt etablieren. Die postmodernen Meisterwerke des Hauses aus den 60er Jahren wurden dagegen im europäischen und nordamerikanischen Ausland weitgehend übersehen, wahrscheinlich, weil man deren lässigen, verspielten Umgang mit »unserer« Kultur befremdlich fand. Man nehme nur Koreyoshi Kuraharas »I Hate But Love« (1962): ein verwegen zwischen halsbrecherischem Vorwärtsdrang und  Verschrobenheit abrupt hin- und herschaltender Hybrid aus Pop- und Halbstarken-Film.  Nikkatsu pur.

 

Als es dem Studio in den späten 60er Jahren immer schlechter ging, konzentrierte man sich auf ein Genre, von dem man wusste, dass es überall ging: Softsexfilme (Pink Eiga). »Nikkat­su Roman Porno« hieß die hauseigene Edelvariante dieses an­sons­ten so plebejischen Kino­erotik-Subgenres. Die Nikkatsu-Roman-Porno-Filmreihe (1971-1988) ent­wickelte sich rasch zu einer Freistatt für alle möglichen Talente. Allen voran: Tatsumi Kumashiro, dessen »The World of Geisha« (1973) vielen als einer der besten Filme der Dekade gilt. Welch außerordentliches Prestige Nikkatsu Roman Porno hatte, zeigt sich auch daran, dass selbst etablierte, bedeutende Filmemacher wie Shinji Somai mitten in ih­rer Karriere mal einen Film wie »Love Hotel« (1985) machten. Das Genre lud zu Experimenten ein.

 

Schön zu sehen ist, dass sich Nikkatsu bis heute treu geblieben ist. Wo sonst hätte Sion Sono einen Klopper wie »Cold Fish« (2010) produziert bekommen? Diese Mischung aus manga­artigen, sich oft ins Surreale versteigenden Stilisierungen und zum Teil grotesken Gewaltexzessen ist genuin verstörend und bietet eine Art Best of der poppigen Seite des Studios.