Rama und Sita – das Ramayana in der Malerei Indiens

Fragte man den Durchschnittsbundesbürger nach seinem liebsten Epos, dürfte die Antwort ein Schulterzucken sein. Identitätsstiftend ist das »Nibelungenlied« heute wohl kaum, auch andere Nationalepen – Homers »Odyssee«, die isländische »Edda«, der englische »Beowulf« – gehören allenfalls zum Bildungskanon.

 

Die Liebesgeschichte von Rama und Sita

 

In Indien kennt das »Ramayana«, die Liebesgeschichte von Rama und Sita, jedes Kind. Das in Sanskrit verfasste, dem Poeten Valmiki zugeschriebene Heldengedicht in 24.000 Doppelversen ist bis heute höchst populär.

 

Der in die Waldwildnis verbannte Kronprinz Rama, für Hindus eine Inkarnation des Gottes Vishnu, kämpft um seine von einem Dämon geraubte Frau Sita, befreit sie mit Hilfe des Affen Hanuman und kehrt schließlich mit ihr an den elterlichen Hof zurück. Mündlich, in Texten und Bildern überliefert, entstanden zahlreiche Varianten; die 2000-jährige Rezeption verästelt sich durch Länder, Sprachen und Kulturen.

 

Die historische Erzählung in einer Ausstellung

 

Welchen im Wortsinne phantastischen Reichtum an Bildern das Epos hervorgebracht hat, zeigt ab April eine Ausstellung im Rautenstrauch-Joest-Museum.

 

87 Werke aus dem 16. bis 19. Jahrhundert schildern seine Episoden und Schauplätze und geben Einblick in verschiedene Stile der indischen Malerei. Zu den kostbarsten zählen vier Folios einer persischen Ramayana-Übersetzung aus der Mogul-Zeit, die Gemälde aus der Pahari-Region und 16 Bilder des »kleinen Ramayana aus Guler«.

 

Vielfältige Bebilderung

 

Mal plakativ, mal anmutig-zartes Naturschauspiel, faszinieren die farbintensiven, kleinformatigen Bilder vor allem durch ihren fast wahnwitzig anmutenden Detail- und Einfallsreichtum.

 

Eigentlich ist es von hier nur ein Sprung zu den psychedelisch bunten Trickfilmen, die heute auf Youtube stehen (klick »Sita sings the Blues«!), umso bedauerlicher, dass die vielen popkulturellen Adaptionen des Epos keinen Platz in der Ausstellung finden.

 

Die sieben Bücher des Ramayana werden chronologisch in einer aufwändigen Architektur mit beleuchteten, begehbaren Raumkörpern präsentiert. Ob diese Inszenierung, mit meterhoch vergrößerten Bilddetails, den Originalen gut tut, bleibt vor Ort zu entscheiden.