Wendemarke Zons

Christian Gottschalk fährt Fahrrad

Der Weg ist das Ziel

Wenn die abgeschmackteste, verbrauchteste aller östlichen Weisheiten, die eigentlich schon zum Standardscherz humorvoller Pädagogen verkommen ist, auf irgendetwas zutrifft, dass nämlich der Weg das Ziel sei, dann auf eine Radtour nach Zons.

Modesünden in Zons...

Wäre hier das Ziel das Ziel, könnte man eigentlich gleich zu Hause bleiben. Ein bisschen Mittelalter, kleine Wehrtürme, Kunsthandwerk und bürgerliche Küche. Zons sieht aus, als sei es für Touristen aus Übersee erbaut worden: very nice Fachwerk. Am Wochenende tummeln sich allerdings auch zahlreiche deutsche Ausflügler zwischen den dicken Mauern und führen die schlimmsten Modesünden der letzten 30 Jahre spazieren: Hosenröcke zu fleischfarbenen »Nur Die«-Strumpfhosen zum Beispiel oder auch Sandalen aller Art. Die Freilichtbühne spielt in diesem Jahr »Der gestiefelte Kater«, die beliebte Operette »Maske in Blau« ist schon abgelaufen. Doch wir wollen ja nicht bleiben.

...macht die Fahrt wieder wett

Der eigentliche Ausflug ist die Fahrt, Zons dient als Wendemarke und guter Grund, eine Cola zu trinken. Die Strecke nach Zons am Rhein entlang beträgt etwa 25 Kilometer. Der linksrheinische Weg ist, abgesehen von der Umfahrung der Ford-Werke, überwiegend grün und ländlich. Gut ausgeschildert ist er auch, da man einen Teil des »Erlebnisweges Rheinschiene« benutzt.

Deiche, Felder und Bäume

Hinter Ford fährt man durchs dörfliche Merkenich zurück an den Rhein. Von nun an führen große Teile des Weges über einen Deich, man hat fast das Gefühl, durch Norddeutschland zu fahren. Nur selten geht es direkt am Rhein entlang, aber meistens ist der Strom in Sichtweite. Mit dem Autoverkehr hat man den größten Teil der Strecke nichts zu tun, stattdessen sieht man grasende Pferde, im Winde wogende Felder, große schwarze Vögel, Bäume und all das. Für den Erholung suchenden Kölner Radler ist dieser Weg, nach Norden raus, die schnellste Möglichkeit, die Großstadt gegen das, was wir »eine schöne Gegend« nennen, einzutauschen.

Industriegebiet Dormagen

In Dormagen wird die Idylle nochmal unterbrochen. Bundesstraße, Bayer-Werk, Autohäuser, Aldi-Markt. Wenn man Glück hat, kann man beobachten, wie ein Frachtschiff mit chemischen Produkten beladen wird, das ist interessant. Wenn man Pech hat, riecht man nur, welche Branche hier angesiedelt ist. Weiter geht es durch Felder und Wiesen, und bald erscheint die Feste Zons am Horizont, von hier aus gesehen in scheinbar seit hunderten von Jahren kaum veränderter Silhouette.

Zeit für eine Stärkung

In Zons, gleich am Deich, bei den großzügigen Fahrradparkplätzen, befindet sich ein sehr guter Imbiss mit Außengastronomie, der zum Ausruhen einlädt. Nach der vollbrachten sportlichen Leistung kann man sich ruhig einen leckeren Hamburger gönnen und zurückfahren, ohne ernsthaft von einem historischen Gebäude belästigt worden zu sein. Man kann aber auch durch das Städtchen schlendern, vor einem der vielen Cafés ein Kännchen Bohnenkaffee trinken und sich wie im Urlaub fühlen. In manchen der Restaurants findet man auch durchaus noch ein ordentliches Gericht unter 10 Euro.

Zurück mit S-Bahn oder Fähre

Wem 25 Kilometer als Radtour reichen, der kann nun in Dormagen-Horrem, gute zwei Kilometer von Zons entfernt, mit dem Rad in den Zug oder die S-Bahn steigen und ist binnen 30 Minuten wieder in Köln. Wer zurück radeln will, dem bieten sich mehrere Möglichkeiten. Will man nicht den gleichen Weg nehmen, kann man in Zons mit der Fähre übersetzen und rechtsrheinisch zurückfahren. Man landet dann allerdings irgendwann in Leverkusen und fährt mitten durchs dortige Bayer-Werk, das dem in Dormagen ähnelt, aber größer ist. Auch das hat seinen Reiz. Am Wochenende ist hier nicht viel Verkehr, und es gibt fast überall Radwege. Wen Industriegebiete nicht so begeistern, der setzt einfach in Langel mit der Fähre wieder auf die andere Seite über und fährt den bekannten Weg zurück. Und kurz bevor man in den wahren Großstadttrubel zurückkommt, bietet der Biergarten »Schwimmbad« am Riehler Rheinufer den idealen Abschluss des Mini-Urlaubs.

Hin mit dem Rad
Wenn man den Rhein gefunden hat, ist der Radwanderweg nicht zu verfehlen. Man folgt entweder den Schildern mit dem Radsymbol und der grünen Schrift oder der stilisierten Welle, die den »Erlebnisweg Rheinschiene« kennzeichnet. Das ist ein 2 x 160 km langer Radwanderweg entlang des Rheins zwischen Bonn und Duisburg. Er verläuft an beiden Seiten des Flusses und führt durch insgesamt 17 Städte und Gemeinden. Man kommt also ohne Karte und ohne Orientierungssinn ganz gut zurecht.

Zurück mit der Bahn
Die S 11 Richtung Bergisch Gladbach fährt alltags vier Mal stündlich, am Wochenende etwa einmal stündlich, nach Köln. Diverse Regionalexpresse bieten aber auch eine begrenzte Fahrradmitnahme. Sollte man in Zons versacken: Um 00:07 fährt der letzte Regionalexpress nach Köln.