Unsichtbare Menschentrauben behindern den Verkehr, Foto: Manfred Wegener

Gerangel am Bauzaun

Der Streit um die provi­sorischen Mahntafeln

zum Archiveinsturz scheint geklärt

Rückblick: Am 3. März 2009 ist an der Severinstraße das Historische Archiv der Stadt eingestürzt. Zwei Menschen starben, bedeutende Dokumente wurden vernichtet oder werden erst nach langwieriger Restaurierung wieder zur Verfügung stehen. Bis heute fehlt am Unglücksort ein offizieller Hinweis auf die Katastrophe, die sich während der Bauarbeiten der Nord-Süd-U-Bahn ereignete.

 

Am 2. März, am Vortag des dritten Jahrestages, hatte deshalb der Kölner Fotograf und Künstler Reinhard Matz »24 Tafeln für 8 Minuten« — die Zeit, die Reisende mit der U-Bahn einsparen würden — anonym an der Absperrung der Unglücksstelle angebracht, inklusive Informationen zu U-Bahn-Bau und Archiveinsturz.

 

Matz gehört zur Initiative »ArchivKomplex«, die durch »temporäre Interventionen und Aktionen in unterschiedlichen Medien« auf die »Ursachen, Folgen und Begleitumstände« der Katastrophe hinweisen will. Als Ergebnis des städtischen Bürgerbeteiligungsverfahrens zur Neugestaltung des gesamten Umfelds im Georgsviertel ist die Gruppe bereits offiziell mit dieser Aufgabe betraut worden.

 

Nicht einmal drei Wochen später, am 20. März, waren die Tafeln verschwunden. Prompt verbreitete sich das Gerücht, die Stadt habe die Tafeln abgenommen. Tatsächlich erschien das schlichte Schriftbild auf rot-weißem Grund wie eine offizielle Verlautbarung.

 

Die »Arbeitsgemeinschaft Los Süd«, das Konsortium der am U-Bahn-Bau beteiligten Firmen, hatte die Tafeln entfernt. Da man für den Bauzaun zuständig sei und sich vor den Tafeln Menschentrauben bis auf die Fahrbahn gebildet hätten, habe man aufgrund der Verkehrssituation diese Entscheidung getroffen, teilte man später mit.

 

Zwischenzeitlich lagerten die Tafeln deshalb bei der für die Unglücksstelle zuständigen Feuerwehr. Nachdem sich geklärt hatte, dass weder Stadt noch Konsortium, die nach dem Unglück im Rechtsstreit liegen, prinzipielle Einwände haben, hängen die Tafeln seit Anfang April wieder.

 

Unterdessen hat die Stadt angekündigt, endlich einen offiziellen Hinweis zu den Ereignissen anzubringen. Ende April soll es dafür ein Treffen mit Vertretern von ArchivKomplex geben. Für den Sommer ist außerdem die Errichtung des Besichtigungsbauwerks angekündigt, das die Ursachen des Einsturzes klären soll.