Mütze macht mobil: Hans Leiseifer, Foto: Manfred Wegener

Kürzungen bis zum Knockout

Kölner Bürgerhäuser kämpfen ums Überleben

Auf dem Tisch türmen sich Plastiktüten. In der Halle stehen Einkaufstrolleys, auch »Zwiebelporsche« genannt, in Reih und Glied. Alles ist mit Zetteln markiert: »Nummer 78, Müller + Pänz«. Einmal pro Woche füllen hier ehrenamtliche Mitarbeiter die Tüten mit Karotten, Salat und Milch, bevor rund 140 Bedürftige sie entgegennehmen.

 

Die Lebensmittelausgabe im Bürgerhaus MüTZe in Mülheim ist für die meisten, die vor der Tür warten, unentbehrlich. Es sind Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende und Ältere. Doch angesichts der klammen Kölner Stadtkasse steht die Zukunft des Angebots auf wackeligen Beinen. »Bei weiteren finanziellen Einschränkungen können wir dicht machen«, sagt Hans Leiseifer, Leiter des sozialen Bereichs im MüTZe.

 

Tatsächlich hatten die soziokulturellen Zentren im letzten Jahr wieder mit hohen Kürzungen von zwei  (2600 Euro, Bürgerhaus Mülheim) bis acht Prozent (50.300 Euro, Bürgerhaus Stollwerk) zu kämpfen. Vor drei Jahren erhielt das Bürgerhaus Mülheim noch 250.000 Euro an Zuschüssen, heute sind es knapp 130.000 Euro. Mit diesem Geld können gerade mal vier Vollzeitstellen finanziert werden. Die restlichen Aufgaben werden von rund 30 ehrenamtlichen Helfern übernommen.

 

Wegen der Sparmaßnahmen mussten schon einige Angebote eingestellt werden, so auch die »Galerie im Turm«, eine Ausstellungsreihe von jungen Künstlern im Bürgerhaus Stollwerk in der Südstadt.

 

Außerdem steigen die Eintrittspreise für kulturelle Veranstaltungen laut Klaus Wyschka, Leiter des Bürgerhauses Stollwerk, auf »Schauspielhaus-Niveau«: »Ich bin neidisch auf die ›große Kultur‹. Dort werden Etats locker mit sechs Millionen Euro überzogen«. Besonders das Angebot von Zentren in sozial schwachen Veedeln ist dadurch stark gefährdet. Aufgrund der geringeren Nachfrage lassen sich deren Veranstaltungen allein durch Eintrittsgelder nicht finanzieren.

 

Die Politik sieht trotzdem keine Gefahr: »Die Zentren werden sicherlich knapp bezuschusst, aber keines ist in seiner Existenz bedroht«, verteidigt Ossi Helling von den Grünen den Sparkurs der Stadt. Für den kommenden Haushalt geht er nicht von weiteren Einsparungen aus.

 

Lydia Schneider-Benjamin will sich darauf nicht verlassen. Die Geschäftsführerin der »Kölner 11«, dem Zusammenschluss aller Bürgerhäuser der Stadt, will beim diesjährigen »Kölner 11 Spektakel«, das erstmalig auf eine ganze Woche verteilt ist, auf die kritische Finanzsituation aufmerksam machen. So können auch die Politiker bei einer Bus-Tour Einblick in die Arbeit der Zentren gewinnen. »Das dient der öffentlichen Aufmerksamkeit und der Vorsorge«, so Schneider-Benjamin, »denn ich bin mir sicher: Die nächsten Kürzungen drohen bestimmt«.