»Qualität ist die einzige Richtlinie«

Dietmar Kobboldt über die Neufassung des Theaterförderkonzepts

Seit 2001 besitzt Köln ein Theaterförderkonzept. Das Kulturamt hat unter Mitsprache der freien Szene damals die Vergabe der Fördergelder neu geregelt. Nun steht eine Generalüberholung des vierzigseitigen Papiers an. Anfang 2011 haben die Gespräche mit Akteuren der freien Szene begonnen. Dietmar Kobboldt ist Leiter der Studiobühne und Vorsitzender der Kölner Theaterkonferenz, die jetzt eine eigene Neufassung des Förderkonzepts vorgestellt hat.

 

StadtRevue: Herr Kobboldt, in welchen Punkten ist eine Überarbeitung des bestehenden Förderkonzeptes dringend nötig?

 

Dietmar Kobboldt: Das bisherige Konzept ist gut und hat sich auch bewährt. Manches ist aber einfach nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen z.B. eine stärkere Nachwuchsförderung. Die freie Szene ist zwar noch nicht überaltert, aber weit sind wir davon nicht entfernt. Wichtig ist außerdem, dass in Zukunft weder bestimmte Sparten ausgeschlossen, noch andere bevorzugt gefördert werden. Das Kabarett zum Beispiel hatte bisher als sich angeblich selbst tragende Kunstform keine Chance auf Förderung, das experimentelle Theater dagegen wurde bevorzugt behandelt. Diese Leitlinien sind einfach nicht mehr aktuell. 

 

Das klingt nach einer Lockerung?

 

Es ist im Gegenteil eher eine Verschärfung, schließlich ist Qualität dann die einzige Förderrichtlinie. So würde man auch für zukünftige ästhetische und künstlerische Entwicklungen offen bleiben.

 

Sie fordern außerdem eine dreijährige Projektförderung. 

 

Das richtet sich an Gruppen in Köln, die zwar noch nicht in das Raster einer vierjährigen Konzeptionsförderung fallen, aber mehr als eine einmalige Projektförderung erhalten sollten. Obwohl derzeit noch nicht viele Gruppen für diese Förderform in Frage kommen, sollte sie für die Zukunft eingerichtet werden.

 

Steckt dahinter nicht auch eine Kritik an der Struktur der freien Szene?

 

Mitnichten. Die Kölner Theaterszene verfügt über eine Vielfalt und Lebendigkeit, um die uns andere Kommunen beneiden. Natürlich ist Planungssicherheit für jede Künstlerin, für jeden Künstler ein erstrebenswertes Ziel. Aber eine kontinuierliche Lebendigkeit kann mitunter nur durch nicht zementierte Förderstrukturen garantiert werden.

 

Was sollte  sich an der Struktur der Kölner freien Szene ändern?

 

Ich finde unsere Struktur im Großen und Ganzen tragfähig. Man müsste aber darüber nachdenken, ob man jede Maßnahme so eng einem Bereich oder Dezernat zuordnet. Für übergreifende Bereiche wie z.B. kulturelle Bildung wäre dezentrales Denken auch in der Stadtverwaltung wünschenswert. 

 

Was verbirgt sich hinter dem Vorschlag, eine neue »Kooperationsförderung« einzuführen?

 

Überregional anerkannte Produktionen kann man ohne Kooperationen heute nicht mehr finanzieren. Dieser sehr wichtige Punkt ist im bisherigen Konzept eher beiläufig in der Gastspiel- und Abspielförderung abgehandelt. Kooperation bedeutet aber mehr als Produktionen zu kaufen und zu verkaufen, sondern eine gemeinsame kreative Arbeit an einem Projekt zu realisieren

 

Diese Vernetzung brächte zwar neue Künstler nach Köln, die sich aber nur schwer hier halten ließen. Würde darunter dann nicht die »Basisförderung leiden« ?

 

Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass neue kreative Ideen und Menschen von außen kommen, auch wenn der Topf für die Kölner Theatermacher dann etwas kleiner ist. Wobei wir natürlich kontinuierlich für eine bessere finanzielle Ausstattung dieses Topfes kämpfen. Theater ist aber ein dynamischer Prozess und da ist das Prinzip, die Konzeptionsförderung nur alle vier Jahre zu vergeben, per se schwierig. Besser wäre eine Vergabe nach einem Ziehharmonika-Prinzip, das z.B. alle zwei Jahre neue Gruppen oder Häuser in die Förderung aufnimmt.

 

In Frankfurt spielen die Drittmittel bei der Förderung eine große Rolle.
Wieso ist das in Köln nicht so?

 

Das Fehlen der Drittmittel in Köln ist in der Tat sehr kritisierenswert – aber nicht für die Stadt, sondern für das Land. Da wird Köln häufig vergessen. Das Problem ist, dass die meisten Drittmittelgeber erst dann einspringen, wenn die Basisfinanzierung durch die Stadt sichergestellt ist. Zudem sind Drittmittelgeber oft zögerlich und fördern gerne vermeintlich spektakuläre Kunst. 

 

Mit dem Vorschlag für ein neues Förderkonzept haben Theaterkonferenz und Plattform in einer Petition zehn Prozent des Etats der städtischen Bühnen gefordert. Ist das realistisch?

 

Wir haben den Gedanken des früheren Kulturausschussvor-sitzenden Dr. Lothar Theodor Lemper aufgegriffen und halten diese Forderung für sehr angemessen. Auch im Kulturentwicklungsplan ist eine Erhöhung des Förderbudgets für die freie Szene veranschlagt. Vor allem in der Bezahlung der KünstlerInnen und in der Ausstattung der Produktionen besteht ein erheblicher Verbesserungsbedarf. Selbst wenn die geforderten 5,2 Mio. Euro beschlossen würden, lägen wir in Köln damit immer noch deutlich unter den Förderbudgets kleinerer Städte in der Republik.