Klare, feste Ansichten: Norbert Fuchs | Foto: Manfred Wegener

Lässig auch mit Lätzchen

Fast ein Vierteljahrhundert ist Norbert Fuchs für die SPD Bezirksbürgermeister in Mülheim

Doch noch Sommer in Mülheim, ein lauer Abend. Der Bezirksbürgermeister, Jahrgang 1948, trägt beigefarbene Stoffhose, dazu ein weißes Hemd mit kurzen Ärmeln. Norbert Fuchs steht auf der Terrasse des Fischrestaurants und hat das schwarze Sakko lässig über die rechte Schulter geworfen. Das sieht seriös aus. Es passt, wenn er mit den Menschen am Wiener Platz oder an der Keupstraße redet, und es passt, wenn er im bürgerlichen Buchheim oder Buchforst Auskunft über Straßensanierungen geben muss. Mülheim ist vielfältig, auch seine Probleme. Hartz IV am Wiener Platz, Parkplatzsorgen in Buchheim

 

Fuchs kann Kölsch reden, aber er spricht Hochdeutsch, biedert sich nicht an. Mit vier Jahren kam er nach Köln. Früher hat er gerudert, auch in Mülheim, beim Wassersportverein. Sein letztes Training liegt lange zurück, aber man erkennt den Sportler noch an seiner Statur.

 

Er unterstütze gern dieses Restaurant, sagt Fuchs, als die Karte kommt. Es klingt nicht gönnerhaft. Dem Bürgermeister schmeckt es einfach. Fuchs empfiehlt die Scampi-Pfanne. Die große Portion? Ja, ja. Uns werden die Lätze umgebunden, selbst damit sieht Fuchs jetzt noch souverän aus.

 

Ab und an legt er beim Plaudern das Besteck ab. Dann hat man Sorge, seine Scampis würden kalt. Es geht um Mülheim und Köln, Aktuelles und Geschichte. Seine Themen, da kommt was zusammen: 23 Jahre ist er Bürgermeister, noch länger sitzt er in der Bezirksvertretung. Er erzählt von den Hausbesetzungen der 80er Jahre, viele Verhandlungen hat er geführt, auch als Pflastersteine flogen. Den rot-schwarzen kölschen Klüngel in den 90er Jahren hat er mitbekommen. »Aber ich war für die uninteressant«, sagt er und lacht. Ein einziges Mal wirkt Fuchs ratlos, wenn er auf den SPD-Parteispendenskandal angesprochen wird. Oder von Klaus Heugel erzählt, dem OB-Kandidaten der SPD, der zurücktreten musste wegen Insider-Geschäften mit Aktien.

 

Als das vierte Flugzeug in kurzer Zeit über die Terrasse fliegt, sagt Fuchs, so als habe man gefragt, dass er auch in der Einflugschneise wohne, nahe des Wiener Platzes. »Da gewöhnt man sich dran.« Vielleicht hat er zu viele Menschen getroffen, die immer nörgeln. Er will sich nicht beschweren, schließlich fliege er auch oft: Er arbeitet bei einem Pharmakonzern in Frankfurt. »Dank SMS, iPhone und iPad kann ich häufig daheim im Home Office arbeiten.« Sein iPhone hat Fuchs mit einem Foto der Hohenzollernbrücke verziert, er zeigt eine App, mit der wir nachgucken können, welcher Flieger gerade über uns hinwegbraust.

 

Berufliche Termine gehen immer vor, sagt er noch. Damit verdiene er sein Geld. Es klingt wie ein eiserne Regel, die Fuchs sich gegeben hat. Um vom Ehrenamt als Bezirksbürgermeister nicht vollends in Beschlag genommen zu werden. Zur Politik im Stadtbezirk hat Fuchs klare, feste Ansichten. Er ist kein Zweifler. Umso stärker hallt es nach, wenn Fuchs zugibt, dass es oft »etwas viel« sei. Zweimal sagt er: »Dann wird man nachts auch mal wach und wälzt Probleme.« Beim Hubschrauberlandeplatz, der auf den Kalkberg in Buchforst kommen soll, da lag er und die gesamte Bezirksvertretung im Clinch mit der Mehrheit im Kölner Stadtrat, auch mit der SPD-Fraktion. Es gibt noch immer Proteste. Lohnt es sich, weiter dagegen zu kämpfen? »Das ist doch jetzt im Rat entschieden«, sagt Fuchs, so als sei es völlig abwegig. Vergebliche Kämpfe will er nicht führen. Er sei Pragmatiker, sagt Fuchs, der Helmut Schmidt als Vorbild nennt. Und es wird klar, dass Fuchs Verbissenheit nicht mag. Politik im Bezirk, das sei ein Geben und Nehmen. Derzeit in Zusammenarbeit mit den Grünen, vor der letzten Kommunalwahl 2009 mit der CDU. »Bei mir gibt es übrigens keine Sitzungen bis tief in die Nacht, ich kläre das lieber vorher mit den anderen Parteien«, sagt er.

 

Auf Fragen antwortet Fuchs oft schon, bevor man sie ganz formuliert hat. Er hört ein Stichwort, und legt los. Manchmal muss Fuchs aber länger zuhören. Da ist die Debatte um Mülheim 2020, ein Strukturförderprogramm. Die EU hat Mittel bereitgestellt für Bildung, lokale Ökonomie, städtebauliche Projekte. Die Vorwürfe lauten, dass die Anträge nicht schnell genug von der Verwaltung gestellt würden und so in Aussicht gestellte Fördermittel verloren gingen. Sicher, es hätte alles besser laufen können, sagt Fuchs, aber die Darstellung sei völlig verzerrt. Er hält so etwas aus, so wie er den Fluglärm aushält.

 

Die Scampi-Pfanne ist verputzt. Zum Nachtisch die leichten Themen: Karneval (in Maßen), die Familie (ganz wichtig), der Rhein (schön). Und Fuchs, erzählt, dass er morgen wieder hier sitzen wird, und seine Frau mache sich schon lustig darüber. Er wird hier Geschäftsfreunde treffen, denen er lieber Mülheim als die Innenstadt präsentiert. Er wird wieder die Scampi-Pfanne empfehlen. Und wenn ein Flugzeug kommt, zeigt er vielleicht auf seine App, und erklärt, was das für ein Flieger ist.