Wut auf der Straße

»Wut« ist eine dramaturgisch-schroff angetriebene Tragödie des Zusammenpralls zweier Kulturen in Berlin-Kreuzberg, die Drehbuchautor Max Eip für den Fernsehfilm in der Regie von Züli Aladag? (2006) erdacht hat: abendländische Aufgeklärtheit trifft auf archaisches Weltbild beziehungsweise Kulturbürgersohn trifft auf halbstarken Migranten. Neunzig Minuten, in denen beide Jugendliche leiden. Der eine leidet unter dem Phrasentum seiner Akademiker-Eltern, der andere an seiner Deklassierung und Heimatlosigkeit in Deutschland. Am Ende kommt es zum Eklat.

 

»Diese Betroffenheit, die der Film auslöst, das war für uns der Input, sich das Thema vorzunehmen«, erklärt Regisseur Heinz Simon Keller, der mit seiner Thea­tergruppe Blackbox nun den Stoff für die Bühne frei adaptiert hat. Interessanterweise erwartet den Zuschauer in der Blackbox-Version ein perspektivischer Rollentausch in den zwei Welten, die abseits des Kölner Mediaparks auf einer Straße angesiedelt sein werden. Die Story bleibt, aber aus dem türkischen Can wird Skinhead Sven, aus dem deutschen Felix wird der schwarze Adoptivsohn Jojo.

 

Keller hat dem Konfliktstoff aus der Vorlage ein Update verpasst und will sich damit in die Rassismus-Diskussion um die Terrorgruppe NSU einmischen. »An diesen Albtraum, das alte Nazi-Credo vom ›Recht des Stärkeren‹, da wollen wir ran. Zu oft wird vergessen, dass auch Deutsche sich zu integrieren, sich an einen Codex zu halten haben. Der Verfassungsschutz macht es nicht, die Rechten sowieso nicht.«

 

Um die Realität möglichst nah zu treffen, arbeitet das Blackbox-Ensemble mit Laiendarstellern, vorbestraften jungen Männern. Sie sind als Gang-Mitglieder besetzt, während Jojos bürgerliche Familie von professionellen Schauspielern gespielt wird. »Die Jungs wissen einfach, was da ab­geht«, erklärt Keller, »und bringen viel aus ihrer Welt mit ein. Dennoch will ich nicht nur dokumentarische Stunts zeigen, sondern eine Geschichte erzählen, die berührt und das faschistische Problem unter den Menschen anspricht.«