Die Erfinder von Techno

Zu lustig, um wahr zu sein: »Fraktus — Das letzte Kapitel der Musikgeschichte« mit Studio Braun

 

»Studio Braun — Der Film«, wäre auch ein passender Titel gewesen, bringt die erste Kinoarbeit des als Studio Braun firmierenden Triumvirats Rocko Schamoni, Jacques Palminger und Heinz Strunk doch all das auf die Leinwand, was ihren sehr weit gefassten Kunst- und Humorbegriff ausmacht. Unglaubliche Albernheiten also, sowie kolossale Einfälle und das dann naheliegende Unvermögen, eine Geschichte geradeaus zu erzählen. Nicht immer, so scheint es, wird der Faden absichtlich verloren.

 

Mit Telefonstreichen auf Tonträgern hat Studio Braun Ende der 1990er begonnen, nach Soloarbeiten in Buchform (»Fleisch ist mein Gemüse«, »Dorfpunks«), Musikprojekten (»The Kings of Dub Rock«), Theaterstücken (»Rust — Ein deutscher Messias«) nun also »Fraktus — Das letzte Kapitel der Filmgeschichte«. Im Stil eines Dokumen-tar-films wird die völlig ausgedachte Geschichte der deutschen Elektropopper Fraktus aufgearbeitet, die Anfang der 80er Jahre eigentlich Alles vorweggenommen haben: Techno, den Beat von »Blue Monday«, das Acid-Smiley, den Telekom-Jingle?...?Ihre Platten hießen »Automate« oder »Tut-Ench-Amour« und gelten als wegweisend. Das betonen in Interviewausschnitten Zeugen wie Blixa Bargeld, Dieter Meier, Jan Delay, Scooter, Steve Blame und Marusha.

 

Nach dem Ende der Band unter ungeklärten Umständen verdingt sich das Ex-Mitglied Dickie Schubert (Schamoni) als Internetcafé-Betreiber, sein einstiger Mitstreiter Bernd Wand (Palminger) arbeitet als Optiker und musiziert gelegentlich mit seinen Eltern (Fraktus II), und nur Torsten Bage (Strunk) lebt noch von der Musik, wenn auch als schmieriger Prolldisco-Produzent auf Ibiza. Der Musikproduzent Roger Dettner (Devid Striesow) startet, von einem Filmteam begleitet, den Versuch, die drei Musiker zu einer Reunion zu bewegen. Auch dafür hat Regisseur Lars Jessen seine fiktive Band in die Wirklichkeit geschmissen und lässt Fraktus auf dem Melt-Festival auftreten. Dort scheitert das einst avantgardistische Trio am Zeitgeist und wird in die Veredlungsschmiede von »Pop-stars«-Jurymitglied Alex Christensen geschickt.

Der Spaß an den Pretiosen des Irrwitzes ist bei allen Beteiligten deutlich spürbar und überträgt sich ungebremst auf ein dafür empfäng-li-ches Kinopublikum. »Ehrlich gesagt sind Fraktus wie Studio Braun«, äußern sich die drei im Presseheft, »eine fragile Lebensgemeinschaft, deren langer Atem noch viele wunderbare Werke an die Bus-scheibe der Kunst hauchen wird«. Schön zu wissen, dass Fraktus nicht das letzte Kapitel der Film-geschichte wird.


Fraktus — Das Letzte Kapitel der Musikgeschichte. D 2012, R: Lars Jessen,
D: Heinz Strunk, Rocko Schamoni,
Jacques Palminger, 95 Min. Start: 8.11.