Cody Chesnutt

Landing On A Hundred (On Little Indian/Rough Trade)

2002 war Cody Chesnutt bekannt geworden als der Pusher aus »The Seed (2.0)«. Die Befruchtungshymne, mit der The Roots, das gute Gewissen des HipHop aus Philadelphia, einen Hit landeten, war ursprünglich ein Song von Chesnutts Debüt »The Headphone Masterpiece«. Auf seinem zweiten Album »Landing On A Hundred« stellt Chesnutt (nach zehn Jahren!) sich beherzt croonend als geläuterter Crack-Head vor, der in der Sonntagsschule Kinder unterrichtet. Was genau, lässt er auf dem Song »Everybody’s Brother« zwar im Ungewissen, trotzdem kann man sich vorstellen, wie er in Marvin-Gaye-Pose die Menschenliebelektionen des »What‘s Going On«-Lehrplans durchdekliniert.

 

Im Beehive-Design des andauernden Retro-Soul-Chics findet Chesnutt so den Ausgang vom Ich-Drama (Liebesschmerz, Familienkatastrophe, Drogenabsturz, Auferstehung, fataler Rückfall) zu Consciousness. Chesnutt reißt die Fenster zum Stoßlüften auf, trotzdem geben sich die Songs äußerst traditionsbewusst. Sexy Schlampereien im Vortrag erlaubt sich höchstens Chesnutt selbst, die Begleitung mit jeder Menge Bläsern und Background-Chören ist jazzvirtuos auf den Punkt gebracht. Ein wenig zu safe wirkt dieses Netz, in das Chesnutt sich jederzeit mit ausgebreiteten Armen stürzen könnte. Auf das Gleichgewicht gefährdende Witzakrobatik verzichtet er aber der Humor kommt etwas zu kurz. Die Frage in einem der Songtitel ist treffend gestellt: »What Kind Of Cool (Will We Think Of Next)«. Die Antwort gibt er dann wohl in etwa zehn Jahren.