David Hockney

A Bigger Picture

Vieles in den Gemälden des ersten Saals gleicht der fauvistischen Farbenpracht zu Beginn des 20. Jahrhunderts. An anderen Stellen wird man an Cézanne oder den Symbolismus erinnert. Tatsächlich markieren die meisten der im Museum Ludwig gezeigten Werke eine Rückkehr, denn David Hockney, berühmt geworden mit seinen amerikanischen Pool-Paintings, streift in den letzten Jahren durch die ländlichen Landschaften seiner Kindheit in Yorkshire und beobachtet den Verlauf der Jahreszeiten. Der Ausstellungstitel erklärt sich im ersten Saal augenfällig: Er setzt bis zu 32 Leinwände zu wandhohen Motiven zusammen.

 

Sind es Handwerksübungen eines alternden Meisters, angereichert mit technischen Variationen, mal auf dem iPad (das so seinen offiziellen Einstand in die Kunstgeschichte feiert), mal in Mehrkanal-Videos? Verweilt man vor den Filmen aus drei  mal sechs Bildschirmen, welche im Foyer die Ausstellung eröffnen, berührt einen mehr als die Poesie des flüchtigen Versatzes. Denn die einzelnen Einstellungen, welche ein Gesamtbild ergeben, weisen leicht nach außen, wie ein Blick aus Facettenaugen. Nicht ein Fluchtpunkt, sondern viele: das ist »A Bigger Picture«.

 

Wieder bei der Malerei, geraten nun ihre Linien in die Aufmerksamkeit. Mehrere Perspektiven, mal gekippt, mal in sich gedreht, mal gedehnt in die Weite des Raumes, der Blick der Neugierde, welche keine Geschichte erzählen muss. Gewinnbringend kann man diese Ausstellung als Sehschule nutzen. In ihrem Verlauf erläutert Hockney seinen Ansatz anhand einer Grafik und des Videos einer Sporthalle, in der an vielen Orten zugleich Menschen artistische Kunststücke vorführen. Für Hockney ist es die Perspektive des Lebens.

 

Erstaunt ist man beim Blick auf den Kölner Bahnhof, aus der in einzelne Fenster eingeteilten Glaswand eines Nebenraums, wenn dort die ein- und ausfahrenden Züge Hockneys Sichtweise bestätigen. Dann kann man umkehren und noch einmal alles neu sehen. Vielleicht nun mit der Frage, wie er es stets schafft, mit seinen nie wirklich perfektionierten Maltechniken eine Nähe des Erlebens zu generieren, dass man den Duft des Bodens in der Nase und das Rascheln der Blätter im Ohr wahrzunehmen vermeint.