Seijun Suzuki

Retrospektive

Vor etwa zehn Jahren erfreute das Japanische Kulturinstitut Kino­freunde mit avanciertem Ge­­schmack schon einmal mit einer Seijun-Suzuki-Schau — nicht dass man vom heiteren Meisterregisseur und einstigen bestangezogenen Mann Japans jemals genug bekäme. Monumente des visionär Verschrobenen und verwegen Verstiegenen wie »Kanto Wanderer« (1963), »Tokyo Drifter« (1966), »The Born Fighter« (1966) oder »Branded to Kill« (1967) kann man nicht oft genug sehen. Weshalb es eine Wohltat ist, dass die gesamte erste Jahreshälfte 2013 hindurch ein Suzuki-Film nach dem anderen im Japanischen Kulturinstitut zu sehen sein wird, insgesamt 37 Filme an der Zahl.

 

Ein beträchtliches Mehr an Kopien ist vor allem in Suzukis Frühwerk zu verzeichnen. Gleich im Januar gibt es viel in Köln bislang nicht Gezeigtes zu sehen. Suzukis Schaffen vor 1963 wird generell unter Wert gehandelt, weil seine Gangster noch nicht in farblich kodierter Kleidung durch stilisierte Dekorationen laufen und sich beim gegenseitigen Erschießen keine Schnulzen über die Härten des Verbrecherlebens vorsingen — ganz zu schweigen davon, dass es im Frühwerk wirklich Winter sein soll, wenn es schneit. Suzuki tastete sich an seine spezifische Ästhetik erst heran, experimentierte mit verschiedenen Formen von Brechungen und Stilisierungen, spielte herum, suchte und versuchte. So ist das Besondere an Perlen wie »Satan’s Town« (1956), »Eight Hours of Fear« (1957) oder »Underworld Beauty« (1958) eher ihre ebenso neckische wie entspannte Schieflage als ihre frenetische bis manische Neuschöpfung eines gesamten Kosmos’, wie sie Suzuki in späteren Jahren vorantrieb. Aber es gibt im Leben ja genug Augenblicke, in denen einem die existenzialistische Kargheit von »Love Letter« (1959) näher ist als die Formen- und Farbenexplosion von »Tokyo Drifter«.

 

So umfangreich diese Werkschau auch ist: Auf die »Waschbärenprinzessin« — eigentlich ist sie ein Marderhund — müssen wir weiter warten, Suzukis bislang letzter Film »Princess Raccoon« (2005) steht leider nicht auf dem Programm.