Singen und Dichten mit ohne Gudrun

Gudrun ist eine Frau, die mittwochs nie kann. Sie fehlt, wieder einmal. Um den Küchentisch im kleinen Theater »die wohngemeinschaft« haben sich fünf ihrer Mitbewohner versammelt. Rund dreißig Liebhaber von Rhythmus und Reimen tummeln sich vor der Bühne. Eigentlich kann der »Abend namens Gudrun« beginnen. WG-Mitglied Christian Gottschalk eröffnet die Lesebühne schon mal ohne die Namensgeberin.

 

Dem in Köln immer beliebter werdenden Genre des »Spoken Word« geben die Slam-Poeten mit ihrer Performance ordentlich auf die Zwölf. Der Abend ist kein Forum für tiefe Reflektion und das soll er auch gar nicht sein. Gottschalk moderiert sich auf der Bühne um Kopf und Kragen. Dann trägt er selbst über autonome Spinner und grüne Spießer vor. Mitbewohner Armin Bings verteilt im Anschluss eine herrlich zynische Packung Weihnachtsfrust. 

 

Nach diesen schwarzhumorigen Polit-Häppchen werden mit Anke Fuchs ruhige Töne angestimmt. Einfühlsame, tragikomische Dichtung ist ihre Stärke, was die Championesse auch regelmäßig auf den Poetry-Slam-Bühnen der Republik beweist. Die musikalischen Einlagen von Singer-Songwriter Cris Revon machen Laune, und mit der Rubrik »Blindgedichte«, in der die Bühnenpoeten spontan auf Zuruf flotte Zeilen dichten, wird die Stimmung euphorisch. Abschließend gibt Quichotte, NightWash TalentAward-Gewinner 2012, ein aberwitziges Plädoyer gegen Gutmenschentum zum Besten: das neue Exzerpt »Charity Charity Poparity« aus den Memoiren seines sagenumwobenen Alter Egos Jonny Beton. Der ist in einem Kostüm — halb krankes Robbenbaby, halb U2-Bono mit eingenähtem Pandagesicht — als lebendige Metapher für Wohltätigkeit unterwegs. 

 

Bissig, heiter, melancholisch, sprachverliebt: Seit fast zwei Jahren brilliert das Prosa-Ensemble dieser etwas anderen Lesebühne an den »Abenden mit Gudrun« mit Lyrik, Prosa oder Rappoesie.

 

Gudrun konnte man zwar wieder nicht kennenlernen, aber ihren WG-Mitgliedern nach zu urteilen muss sie einen ganz fabelhaften Humor haben.