Die feuchten Keller der Filmgeschichte

Stop-Motion-Liebeserklärung: »Frankenweenie« von Tim Burton

Animation, die Belebung leblosen Materials. Zwei Namen stehen synonym dafür: auf der einen Seite Ray Harryhausen, Meister der Stop-Motion-Animation, auf der anderen Victor Frankenstein, Leichenwiederbeleber aus Mary Shelleys Gruselklassiker »Frankenstein« und seit den 30er Jahren Ikone der Filmgeschichte. Beiden ist Tim Burton, der verstrubbelte 54-jährige, der sein Jugendzimmer voller Horrorposter und verträumter Kritzeleien nie wirklich verlassen hat, seit jeher zugetan. In »Frankenweenie«, Burtons erstem Stop-Motion-Film seit »Corpse Bride« (2005) der zugleich ein Film über die (Pseudo-)Wissenschaft der Animation ist, kommen sie nun endlich zusammen.

 

Seinem Namen zum Trotz bewohnt Victor Frankenstein diesmal keine dunkle Burg in Ingolstadt, wie sein literarischer Vorläufer. Er ist ein eigenbrötlerischer, verschüchterter Junge, der vor dem regulierten Alltag in einem Vororthaus in die anheimelnd schattige Welt seines Dachbodens flieht, wo er mit seinem Hund seine Lieblingsmonsterfilme auf Super 8 nachdreht. Ein verschrobener und klar als Hommage an Horror-Großmeister Vincent Price erkennbarer Physiklehrer führt den Jungen schließlich in die geheimnisvolle Wunderwelt der Wiederbelebung toten Materials ein: ein Wissen, das in die Praxis umzusetzen bald traurige Dringlichkeit entwickelt, als Victors Hund umkommt. Praktischerweise eignet sich das Reanimationsprojekt nebenbei auch für den schulischen Wissenschaftswettwerb.

 

Auch weil Burtons Herz schon immer für Außenseiter, aber kaum für den gesunden Menschenverstand schlug, glückt die Wiederbelebung: Kein meuchelmordendes Monstrum, sondern ein lieber Zombiehund steht am Ende des Experiments. Wäre da nicht der Mob bestehend aus der schauderhaften Durchschnittsbevölkerung und die Missgunst seiner Mitschüler, könnte Victor wohl zufrieden sein — am Ende steht, ähnlich wie bei James Whales »Frankenstein« von 1931 mit Boris Karloff, ein Showdown in einer infernalisch lodernden Windmühle.

 

Mit viel Liebe zum Detail, in wunderschönem Schwarzweiß und mit dem richtigen Gespür für die holprige Stop-Motion-Kunst verbeugt sich Burton vor den feuchten Kellern der Filmgeschichte und unterstreicht damit nach »Dark Shadows« aus dem vergangenen Jahr, dass die Durststrecke in seinem Schaffen überwunden ist. Die triste Lust am perfekt zugerichteten Bild, die sich in »Sweeney Todd« und »Alice im Wunderland« Bahn schlug, weicht hier magisch raschelndem Stop-Motion-Gras und der Freude am hingetupften Detail.