Komisch ohne Pointe

Auf den Spuren eines Humor-Avantgardisten: »Heino Jaeger — Look Before You Kuck« von Gerd Kroske

Heino Jaeger — ein Verschütteter der bundesrepublikanischen Kulturgeschichte. Geboren 1938 verbachte er seine Jugend in den Trümmern des Zweiten Weltkriegs. In den 60er und 70er Jahren verarbeitete er die historischen Altlasten der BRD zu mal entzückend surrealen, mal befremdlich subversiven Malereien sowie improvisierten Sketchen für das Radio, um der Welt, nach einer Einweisung in die Psychiatrie, erst abhandenzukommen und schließlich, nach seinem Tod 1998, in Vergessenheit zu geraten.

 

Jaegers Kellerwohnung erinnert auf alten Fotos von ihrer Trostlosigkeit her an einen Bunker. Selbst seine Anhänger, die seine Radioauftritte mitschnitten, erfuhren oft erst nach Jahren, dass der für die Improvisationskunst von Olli Dittrich, Helge Schneider und Studio Braun so maßgebliche Jaeger als Künstler tätig war. Bei knapper Kasse verkaufte er seine Skizzen und Gemälde auch schon mal an die Huren auf St. Pauli.

 

Gerd Kroskes großartiger Dokumentarfilm ist eine behutsame Bergung: Zu Wort kommen Jaegers wenige verbliebene Weggenossen, die Hinweise geben, welche Milieus für sein Werk wichtig waren. Da ist der Kulturbetrieb in Person seines engen Freunds Joska Pintschovius. Da ist Kiezgröße Wolli, langjähriger Bordellbesitzer auf St. Pauli. Ein Radiomann im Rentenalter präsentiert stolz den alten Sendesaal des Saarländischen Rundfunks. Ein Titanic- und FAZ-Autor kramt im Kellerarchiv. Alte Männer vor gut gefüllten Bücherregalen auf der Spurensuche. Jaeger findet man nicht in den Katalogen und Folianten aus den Regalen, sondern auf verkratzten Gemälden, vergilbten Fotos, auf Super-8-Aufnahmen und Magnetbändern, für die obsolete Medientechnik nötig ist.

 

Selbst im gelegentlich nervös im Bild hüpfenden Lichtton von Jaegers alten Aufnahmen scheint der Film den wenigen Spuren, die er hinterlassen hat, nachspüren zu wollen. Was man hört sind trotz ihrer Pointenlosigkeit gnadenlos komische Sketche: Humor-Avantgarde aus der Zeit von Heinz Erhardts letzten Filmen. Leben als Verweigerung: Jahre vor Punk positionierte sich Jaeger gegen die selbstgehäkelte Innerlichkeit der Hippiewelle, zelebrierte industriellen Verfall und das nicht immer eindeutig dechiffrierbare Spiel mit den Insignien der NS-Zeit. Das letzte Bild zeigt Jaeger bei einer Ausstellungseröffnung mit seinen Werken, verquollen und proletenhaft mit Bier, ein keckes Grinsen für die Kamera: »Mir doch egal!«, scheint der Blick zu sagen. Den Film muss man gesehen haben.