68 und die Folgen

»Was wird aus Geschichte? Sie geht in Rauch auf, der Rest landet im Aschenbecher«, sinniert der Besitzer des Klub Bartleby (unmissverständlich als das King Georg zu erkennen), bevor er seinen Laden verkauft. Mit seinem launischen Aphorismus spricht er ein Schlüsselthema in Wolfgang ­Frömbergs zweitem Roman »Etwas Besseres als die Freiheit« an. Wie werden Geschichten zu Ge­­schichte, welche Rolle spielt die Gegenwart? Und was können wir aus all dem lernen?

 

Wie schon im Vorgänger »Spucke« wird das anhand eines Generationenkonflikts erzählt. Ursula Heller und Werner Sonnenschein lebten dereinst eine Kölner Variante der Kommune 1 in München, waren bekannt mit Baader und Co,. und gehörten zu prominenten Figuren der 68er-Bewegung. Die Jungen müssen dieses Erbe irgendwie verwalten. Die spätgeborenen Leo Heller und Andreas Bock stehen für die unterschiedlichen Schlussfolgerungen der nachfolgenden Generation. Leo hat ein Buch im Buch mit dem Titel »Etwas Besseres als die Freiheit« geschrieben, eine Abrechnung mit seinen Eltern und deren Idealen. Andreas dagegen träumt von revolutionären Aktionen.

 

Frömbergs Buch ist ein Ideenroman. Fast schon wie bei Thomas Meinecke ist alles gespickt mit Verweisen auf linke Gegenkultur. Wenig Dialog, stattdessen viel innerer Monolog, viele Assoziationsketten, viele Gedankenspiele. Alles ist sehr dringlich. Billigjober werden nicht nur in die Gegend geschickt, um Werbung zu verteilen, sie tun dies, um dadurch die Arbeitslosenstatistiken im Zeitalter von Rot-Grün zu schönen. Die Protagonisten sind Träger von Frömbergs Gedanken und sprechen Sätze wie aus politischen Pamphleten. Manchmal erinnert das an Tocotronic-Textzeilen der neueren Phase. Immer recht klug, oft ein bisschen unrhythmisch, nicht selten verrätselnd.

 

Und wie werden nun Ge­­schichten zu Geschichte? Am Ende zieht Bock tatsächlich seine Aktion durch, auch Leo trifft eine Entscheidung. Und der alte Apfelbaum, der Jenosse, steht immer noch im Garten des Eifelhäuschens von Ursula Heller und Werner Sonnenschein und sieht aus, als wolle er tatsächlich mit seinen Äpfeln nach einem werfen.

 

»Etwas Besseres als die Freiheit«, 200 Seiten, 2013 Hablizel Verlag, erscheint am 18. April, 16,90 Euro