Junip

Für Bands immer eine doofe Situation, wenn ein Mitglied solo durchstartet und den großen Durchbruch schafft. Was sollen die anderen tun? Däumchen drehen und warten, bis der Star mal wieder Zeit und Muße findet, sich seiner alten Liebe  zu widmen – in der Hoffnung, dass der neue Ruhm auch auf die Stammband abstrahlen möge? Oder sich doch lieber anderen Dingen widmen?

 

Schlagzeuger Elias Araya und Tastenmann Tobias Winterkorn scheinen jedenfalls mit einer Engelsgeduld gesegnet zu sein. Seit Gründung ihrer Band Junip Ende der 90er Jahre hat es das schwedische Trio gerade mal auf zwei Alben gebracht. Der Grund: Ihr Sänger und Gitarrist hört auf den Namen José González und zählt seit Mitte des letzten Jahrzehnts Jahre zur Speerspitze der Folk-Bewegung. Schon mit seinem 2003 erscheinen Debüt knackte der Schwede argentinischer Abstammung die Top 10 der britischen Albumcharts, Songplatzierungen in populären US-amerikanischen Fernsehserien machten ihn global bekannt, seine in einem Werbespot gefeaturte  Coverversion des The-Knive-Songs »Heartbeats« besorgte 2006 den Rest.

 

Ein Workaholic scheint González aber nicht zu sein. Seine letzte Solo-Veröffentlichung stammt aus dem Jahre 2007. Und jetzt ist erst mal die alte Band an der Reihe. Auf ihrem selbst betitelten Zweitling lassen Junip die Trademarks ihres Frontmannes nicht außen vor: González zupft und schrammt nahezu ausschließlich die Nylon-besaitete Konzertgitarre und singt mit weicher Stimme mehr in sich hinein als nach draußen. Drums und Synthies verleihen der Angelegenheit aber ein eine dronige, psychedelische, bisweilen artrockige Komponente. Dabei entsteht ein origineller Soundclash: Der alles überstrahlende Eröffnungstrack »Line Of Fire« klingt, als hätten sich die Prog-Schmonzer von Barcley James Harvest einen Song von Chris Isaack (»Wicked Game«!) vorgeknöpft und ihn im Anschluss von irgendeinem Neo-Krautrock-Act remixen lassen. Trotz der tendenziellen Sanftheit der Klänge wirkt die Aufnahme extrem übersteuert und fordert die Hörgewohnheiten der Zielgruppe heraus. Boxen kaputt? Nein, das soll so.

 

Auch gut zu wissen: Junip sind eine richtige Band und ihre Konzerte keine One-Man-Show, sondern ein ausgewachsener musikalischer Kollektiv-Trip.