Populär in den Klüngel?

Die c/o pop kooperiert mit dem Acht-Brücken-Festival

Das Acht-Brücken-Festival geht in sein drittes Jahr. Vielleicht erinnert man sich noch an das Festivalplakat vom letzten Jahr: die Schwarzweiß-Aufnahme eines alten Mannes, der rauchend die Straße entlang kommt. Darüber, in fetten, blauen Lettern: »John Cage — Amerika. Eine Vision«. So vornehm elegant präsentierte sich also das Festival und suggerierte den Eindruck eines Ereignisses für Kenner und Liebhaber zeitgenössischer Musik — elektronischer wie nicht elektronischer, aber in jedem Falle strikt »ernsthaft«.

 

Damit ist nun Schluss. Acht Brücken will weg vom Spezialistentum. »Wir wollen ein Festival sein, das neue Strömungen der Musik präsentiert und dabei feststellt, dass die nicht auf einen bestimmten Kreis begrenzt sind«, erklärt Othmar Gimpel, Sprecher des Festivals und der Kölner Philharmonie. »Gerade die elektronische Musik verdeutlicht das, denn die hat ihren Ursprung in den Stockhausens dieser Welt und lebt in der heutigen Szene weiter.« Schon sind wir beim Thema des diesjährigen Festivals: »Elektronische Musik von gestern und heute«.

 

Dabei scheint die elektronische Musikszene in Köln auf einen bestimmten Kreis begrenzt. Denn interessiert man sich für diese Szene mit ihren Partys, Konzerten, Clubs und Bars, Plattenläden, Labels und damit verbundenen Protagonisten, so kommt man um einen Eindruck nicht herum: Kompakt, das Label, der Laden und Vertrieb, die Künstlerplattform, dominiert. Danach kommt, so scheint’s, lange nichts.

 

Die besondere Verbindung zwischen Kompakt und der c/o pop ist bekannt: sind Kompakt-Chef Michael Mayer und c/o pop-Macher Tobias Thomas doch alte Musikfreunde und Labelmates, die im Verbund mit einem anderen c/o pop-Macher, Ralph Christoph, vor 15 Jahren die heute legendäre Partyreihe Total Confusion ins Leben riefen. Und noch eine Verbindung muss genannt werden, nämlich die zwischen c/o pop und dem Acht-Brücken-Festival durch seinen Mitveranstalter, der Kölner Philharmonie. Dort werden bereits seit längerem Kooperationen realisiert, man denke an die Abschlusskonzerte der c/o pop in der Philharmonie.

 

Mit der Hinwendung von Acht Brücken zu populären Themen kam die c/o pop auf den Plan: »Als das Thema fest stand, war sofort klar, das man mit c/o pop zusammenarbeiten muss«, bekräftigt Gimpel. »Die elektronische Musik ist mit der aktuellen Elektro-Szene verbunden, und ein solches Publikum kann man nur über einen Partner aus der Popkultur erreichen.« Andere Repräsentanten der Clubszene habe man als Kooperationspartner in diesem ersten Jahr der thematischen Öffnung noch nicht in Betracht gezogen, sondern auf die erprobte Verbindung mit c/o pop zurückgegriffen.

 

Aber wenn in diesem Jahr ein besonderer Fokus auf der elektronischen Musik liegt und, um in der Festivalmetaphorik zu bleiben, eine Brücke zwischen Elektronik und Clubmusik geschlagen werden soll, warum bleiben andere Vertreter ungenannt? Beispielsweise a-Musik oder E’ de Cologne — Veranstalter des Festivals »Zivilisation der Liebe« für Ambient und Electronica? »Die Annäherung an die Clubszene ist für uns eine Premiere«, erklärt Gimpel, der auf Entwicklungen hofft. »Wenn sich Elektronik und Pop als Sparten des Festivals etablieren können, dann kommt es sicherlich zu neuen Vernetzungen innerhalb der Stadt.« Doch noch setzt der Kölner Kulturbetrieb auf Bewährtes, und berücksichtigt man, dass eine der acht von c/o pop kurierten Veranstaltungen dem 20jährigen Jubiläum von Kompakt gewidmet ist, können wir den Klang eines röhrenden Platzhirschs vernehmen.

 

Es bleibt also die Frage: Wenn es schon ohne Kompakt nicht geht, warum dann nicht auch andere Repräsentanten der hiesigen Szene einbeziehen? »Immer alle mitnehmen, das machen wir auf unseren Festivals bis zur Erschöpfung«, weist Tobias Thomas den Vorwurf von sich, doch lässt ihn das Thema alles andere als kalt. »Dieses Bestreben, dass sich keiner benachteiligt fühlen soll, das treibt dich an deine Grenzen. Man überlegt und macht, und manche wollen das gar nicht. Am Ende muss man entscheiden und bringt eben nur die halbe Stadt unter — um die andere Hälfte muss sich bitte jemand anderes kümmern.«

 

Zu den von ihm kuratierten Veranstaltungen erklärt Thomas: »Der Namen des Festivals war Konzept: Acht Brücken. Weil das Festival in diesem Jahr Brücken in die Elektronik schlagen will, habe ich mich gefragt, wohin denn die Elektronik Brücken schlägt.« So steht jede Veranstaltungen für den Brückenschlag der Elektronik in eine andere musikalische Richtung: DJ Spooky für HipHop und Ambient (3.5., Tanzbrunnen), DAF für Punk (7.5., Alter Wartesaal), Moritz von Oswald für Dub (11.5., Stadtgarten). Gregor Schwellenbachs Klavie-Interpretationen von Kompakt-Veröffentlichungen (9.5., Funkhaus Wallrafplatz) demonstrieren die Verbindung von Elektronik
mit zeitgenössischer Klassik, und ­Nicolas Jaar (8.5., Philharmonie) ist für Thomas das Modernste, was die Clubszene derzeit zu bieten hat.

 

Doch jeder dieser Musiker könnte auch für ein anderes Parameter stehen. Unkommentiert erschließt sich das Konzept nicht auf Anhieb. Auch auf der Website des Festivals erfährt man nichts davon, erklärende Überschriften hätten schon gereicht. »Man darf Konzepte nicht bis zum letzten Detail auseinander nehmen«, findet Thomas, »sie dienen als gedankliches Gerüst. Doch ein Konzept bedarf Erklärung. Ich bedauere durchaus, dass es so wenig kommuniziert wurde — da hängt echt mein Herz dran.«