Body/Head

Die Jungs haben vorgelegt, jetzt die Dame. Und das könnte am spannendsten werden. Die Rede ist von Kim Gordon und natürlich von Sonic Youth, die man mittlerweile wohl als aufgelöst oder mindestens aber schockgefroren bezeichnen muss.

 

Seit Winter 2011 stehen keine neue Konzertdaten an, seit 2009 hat es kein neues Album gegeben, stattdessen wurde bekannt, dass sich Thurston Moore und Kim ­Gordon nach dreißig Jahren — was es nicht alles gibt — haben scheiden lassen. Das letzte Jahr stand dann im Zeichen elaborierter Solo-Projekte, Lee Ranaldo erfand sich als Songwriter neu, Thurston Moore legte mit Chelsea Light Moving eines der wuchtigsten und eigenwilligsten Indie-Alben des Jahres vor. Nimmt man noch die aktuellen Projekte des Schlagzeugers Steve Shelley dazu (Disappears), sind das sehr song-orientierte, aufgeräumte, klar strukturierte Alben. Kann man das auch von Kim Gordon erwarten?

 

Eher nicht. Zum Glück nicht. Alles, was in den letzten drei, vier Jahren von ihr zu hören war — Body/Head (mit dem Bostoner Extrem-Gitarristen Bill Nace) oder ihr Duo mit der ebenso brillanten wie notorisch unterschätzten Live-Elektronikerin Ikue Mori — klingt rauh, zerklüftet, wild, sehr krachig, schädelspaltend. Mehr Fluxus als Free Jazz, mehr Yoko Ono als Andy Warhol (das ist beides nicht weit hergeholt: mit der Fluxusgroßmeisterin hat Gordon schon kooperiert; und in den frühen 80ern bewegte sich Sonic Youth auch im Umfeld von Warhols ­Factory). Kim Gordon tritt derzeit allein das Erbe der experimentellen Sonic Youth an. Stürzte sich ihr Ex einst in Free-Jazz-Abenteuer, so ist heute sie es, die in heulenden, schwer dräuenden, magma-walzenden Improvisationen schwelgt. Und dabei unverkennbar Kim Gordon bleibt, weil sie immer noch so wundersam lasziv singt und ihre Gitarre den typischen SY-Pling­Plong macht.

 

Jetzt also Body/Head in Köln, auf dem Dach des Museum Ludwig, was wie Arsch auf Eimer passt, ist Gordon doch — musikalisch verstanden — die zeitgemäße Yoko Ono. Ihr Partner Bill Nace ist auf jeden Fall eine Neuentdeckung, aber heimlicher Star ist Spezialgast Ikue Mori: Was die frühere Punk-Schlagzeugerin für einen funkelnden Rappelklapper-Krach aus ihren Samplern holt, lässt ganze Generationen von Glitch-Pro­duzenten verblassen.