Pudding? Nein danke!

Kölner Firmen koproduzieren Kinofilme weltweit: Zwei haben es dieses

Jahr bis in den Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes gebracht

Bereits im fünften Jahr hintereinander wurde kein Werk eines deutschen Regisseurs in den Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes eingeladen. Das heißt nicht, dass das wichtigste Filmfestival der Welt ohne deutsche Beteiligung vonstatten gegangen wäre. Kölner Firmen waren dieses Jahr mit gleich vier (Ko-)Produktionen in den verschiedenen Sektionen vertreten. Zwei der Filme schafften es in den Wettbewerb — kein deutscher Medienstandort war erfolgreicher.

 

Jim Jarmuschs neuester Film »Only Lovers Left Alive« etwa ist eine Kölner Produktion unter britisch-französisch-zypriotischer Beteiligung. Federführend war Pandora Film, ein Urgestein im schnelllebigen Filmgeschäft und so etwas wie eine Pionierin im weltweiten Koproduktionsgeschäft für Kino jenseits des Mainstreams. Die 1982 in Frankfurt gegründete Firma war bereits bei Jarmuschs »Night On Earth« (1991) und »Dead Man« (1995) beteiligt, aber bei »Only Lovers Left Alive« sind sie erstmals ausführender Produzent einer seiner Filme.

 

Seit sieben Jahren sei er an dem Projekt schon dran, erzählt Reinhard Brundig von Pandora. Er habe, als Jarmusch ihm von der Idee erzählte, wegen der vielen Innenaufnahmen gleich die Möglichkeit gesehen, in einem Kölner Studio zu drehen. Die Außenaufnahmen zu der Jahrhunderte umspannenden Liebesgeschichte unter Vampiren entstanden in De­troit und Tanger, die Innenaufnahmen in den MMC-Studios in Ossendorf — auch wenn Jarmusch davon erst einmal überzeugt werden musste, wie Brundig zugibt. Mit 1,2 Millionen Euro hat die Film- und Medienstiftung NRW »Only Lovers Left Alive« unterstützt, mindestens die anderthalbfache Summe musste laut Statuten des Förderers in NRW ausgegeben werden.

 

Mit wesentlich bescheideneren Mitteln kam die zweite Kölner Koproduktion aus, die es in den Wettbewerb von Cannes geschafft hat. Die Köln-Berliner Firma Unafilm war Teil der mexikanisch-französisch-niederländisch-deutschen Koproduktion »Heli« von Amat Escalante. Im Vergleich zu Pandora ist Unafilm noch jung, 2004 gründete sie Titus Kreyenberg in Köln. Bei »Heli« war er mit knapp zwanzig Prozent an der Produktion beteiligt, gedreht wurde ausschließlich in Mexiko. Die anderthalbfache Summe der 60.000 Euro Fördergelder der Film- und Medienstiftung wurden in diesem Fall in NRW für die Postproduktion und für technische Bereitstellungen ausgegeben — die Kameraausrüstung wurde für den Dreh extra auf die Reise von Deutschland nach Mexiko geschickt.

 

Kreyenberg hat früh mit Koproduktionen angefangen, auch weil ihm in Deutschland die Stoffe, die er sucht, nicht angeboten wurden. »Die Koproduktionen geben mir die Möglichkeit, mit Filmemachern zu arbeiten, die ich bewundere. Ich kann nicht mit Fatih Akin drehen, weil der seine Filme selber produziert. Leichter wird es bei Regisseuren aus Ländern, die das finanziell alleine nicht stemmen können«.

 

Die Dreharbeiten von »Heli« in Mexiko hat er besucht, aber der Austausch sei in diesem Fall »nicht so organisch« gewesen, einen wirklichen Wissensaustausch habe es nicht gegeben. Seine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Filmschaffenden aus den unterschiedlichsten Ländern fällt gemischt aus: »Teilweise lernt man von anderen Arbeitsweisen, teilweise musst du die Luft anhalten und warten bis es vorbei ist.« Klischeevorstellungen werden durch die internationalen Zusammenarbeiten immer wieder untergraben, etwa wenn sich die französische Bürokratie als unflexibler herausstellt als die Deutsche.

 

»Man stellt fest, dass alle nur mit Wasser kochen«, fasst Brundig seine Erfahrungen mit internationalen Partnern zusammen. Besonders komplex war die Zusammenarbeit bei Ari Folmans Film »Der Kongress«, der in Cannes dieses Jahr die Nebensektion »Quinzaine des Réalisateurs« eröffnete.

 

Der neue Film des Regisseurs

 

von »Waltz With Bashir«, eine Mischung aus Animations- und Realfilm, wurde ebenfalls federführend von Pandora produziert, unter Beteiligung von Firmen und Förderern aus gleich fünf weiteren Ländern: Israel, Polen, Frankreich, Belgien und Luxemburg. Brundig gesteht ein, dass bei solch komplizierten Konstrukten die Koordi­nation aufwändig ist und es zu Reibungsverlusten kommt, aber anders sei so ein Projekt nicht finanzierbar.

 

Koproduktionen haben bei Kritikern bisweilen einen schlechten Ruf, der abschätzige Begriff »Europudding« bezeichnet Filme, bei denen allzu offensichtlich ist, dass bestimmte Drehorte nur eingebaut wurden, um im entsprechenden Land oder in der entsprechenden Region Gelder abzugreifen. Solch ein Fördertourismus muss aber nicht zu ästhetischen Kompromissen führen, wie Brundig betont. »Die Animationspassagen von ›Der Kongress‹ sind auf viele Länder verteilt worden, sie können überall produziert werden, wo es gute Fachleute gibt.« Kreyenberg gibt zu, ­einmal an einem typischen Europudding beteiligt gewesen zu sein und daraus gelernt zu haben: »Wenn das in die Richtung läuft, dann mache ich das nicht mehr.«

 

94 deutsche Filme kamen im Jahr 2000 ins Kino, 2011 waren es 205, eine Steigerung, die maßgeblich auf Koproduktionen zurückzuführen ist. Allein die Zahl der deutsch-französischen Projekte stieg von 1999 bis 2010 von einem auf 23. Doch sowohl Kreyenberg als auch Brundig sehen den Koproduktionsboom der letzten zehn Jahre zum Ende kommen. Mit Sorge betrachten sie, dass sich die öffentlich-rechtlichen Sender momentan aus internationalen Koproduktionen zurückziehen. Kein Wunder: Sendeplätze für den europäischen Film gibt es kaum noch.