Glaube, Liebe, Demut

Metaphysisches Liebesmelodram: »To The Wonder« von Terrence Malick

Der Amerikaner Neil und die Ukrainerin Marina lernen einander kennen und lieben. Zueinander finden sie in Frankreich, später zieht das Paar an jenen Ort in Oklahoma, wo er heranwuchs. Marina wird dort nicht heimisch. Neil trifft eine Jugendliebe wieder. Bald treiben ihre Leben auseinander. Parallel zu diesem Zerfallsprozess einer Liebe ringt Pater Quintana mit seinem Glauben — halb sucht er danach, halb läuft er vor ihm weg auf ein anderes Leben zu.

 


Mit »The Tree of Life« (2011) und nun »To The Wonder« macht Terrence Malick das unterschwellige Thema seiner früheren Filme zu deren Triebfeder selbst: die Herrlichkeit dieser Erde, und was sie für uns sein kann. Spiritualität schwingt nicht mehr als ab­strakte Anmutung, eine mal reißende, dann sanfte Strömung mit, sie ist endlich selbst das Sujet des Werks. »To The Wonder« erfreut oder — je nach Sichtweise — verstört zwar nicht wie »The Tree of Life« mit von der Gnade gerührten Sauriern und Jenseitsvisionen am Strand, aber entsprechend empfindsame Seelen werden durch die von Mangelernährung ausgezehrten Gesichter einiger Sträflinge ge­­rührt sein oder auch den feinen Kleinstadtstraßendreck, der stiebt, wie er will.

 


Eine Charakterentwicklung im herkömmlich psychologischen Sinne interessiert Malick dabei nicht: Neil und Marina durchlaufen elementare Momente einer Entwicklung, die so oder so ähnlich alle Menschen durchmachen — manche allerdings im Leben selbst nie, sondern allein in ihrem Geiste, wie Vater Quintana. Denn die Liebe, das weltliche Begehren, die Notwendigkeit, sich einem anderen Menschen zu überlassen, ist nichts anderes als die Notwendigkeit, ein Gegenüber zu haben für seinen Geist, eine Idee, in der man sich geborgen fühlen kann, ein Seelengegenüber.

 


Zusammengehalten werden diese Augenblicke, Empfindungen wie in »Tree Of Life« durch ein (oftmals folgerichtig) mehr aus Fetzen als vollständigen Sätzen gewobenes Off-Stimmen-Raunen, in dem Ahnung und Erinnerung, Reflexion und Projektion mit gutem Grund ununterscheidbar sind. Der feierliche Ernst von Malicks Melodramen und Moral steht dabei störrisch quer zum Ironiebegriff dieser Tage. Das muss man wollen, diese den Zuschauer zur Demut ermutigende Gewaltigkeit.