Mythenschredder

Das »africologneFestival« zeigt aktuelles Theater aus Westafrika

 

Oft und gern beklagt man sich in Köln über den Mangel an interna­tionalem Austausch in der freien Szene. Doch zumindest temporär kann man sich entspannen. Seit einigen Jahren tragen engagierte Macher mit Festivals wie dem diskursiven GLOBALIZE:COLOGNE oder theaterszeneeuropa frischen Input in die Stadt. Ein Newcomer unter diesen Leuchttürmen ist das biennale africologneFESTIVAL, das nun zum zweiten Mal zehn Tage lang zeitgenössische Theaterkunst aus Westafrika zeigt.

 


Initiator und Bauturm-Intendant Gerhardt Haag wünscht es sich als feste Größe für Köln. Vor drei Jah­ren traf Haag anlässlich der Grund­steinlegung von Christoph Schlingensiefs Operndorf in Burki­na Faso auf Etienne Minoungou, den Künstlerischen Leiter des ­dortigen Festivals »Récréâtales«, eines der größten in Westafrika, das selbst produziert. Daraus ist in einer engen Zusammenarbeit das africologneFESTIVAL entstanden, das ein Netzwerk etabliert hat, das nun die erste deutsch-burkinabeische Koproduktion zweier freier Theater hervorbringt, des Theaters im Bauturm und der Compagnie Falinga.

 


»Ombres D’espoir — Schatten der Hoffnung« heißt das Drama, ein Stück des kongolesischen Autors Wilfried N’Sondé, der zur afrikanischen Autorengeneration nach 1960 zählt. Es geht um eine verworrene ménage à trois und den Kampf um das Bleiberecht in Europa. »Es gibt keine Handlung, dafür sehr viele Monologe, die wir zum Teil dialogisch aufgebrochen haben«, erklärt Karin Kettling.

 


»Wir wollten nicht der französischen hehren Sprachverliebtheit nacheifern. Das haben wir gut gelöst, obwohl wir uns anfangs daran gerieben haben.« Die Schauspielerin gehört zu dem deutsch-afrikanischen Ensemble, das unter der Regie von Dani Kouyaté im November in Hauptstadt Ouaga­dougou das Drama uraufführte.

 


Neben der Koproduktion werden acht weitere Gastspiele und Arbeiten, die während der »Récréâtales« in Ouagadougous Hinterhöfen entstanden sind, im Theater im Bauturm, an der studiobühne, in der Alten Feuerwache und im Rautenstrauch-Joest-Museum gezeigt. Eröffnet wird das Festival mit dem Solo »M‘appel Mohamed Ali — Rufname: Mohamed Ali« (12., 13.6.) von Dieudonné Niangouna, dem Shooting Star der westafrikanischen Theater- und Kunstszene. Das Stück nimmt sich das Konstrukt von Sieg und Niederlage vor. Die Lebensgeschichte der politischen Popikone Afrikas, des Re­volutionärs Thomas Sankara, montiert der Schweizer Theatermachers Luzius Heydrich aus dokumentarischen Material und persönliche Erlebnissen zu der Performance »Von einem, der auszog, die Revolution zu lernen« (14.6.). Im Rautenstrauch-Joest-Museum (15., 16.6.) wird ein aktuelles Thema mit einer alten Fabel verhandelt. In »La Danseuse de l’eau — Die Tänzerin des Wassers« geht es um die Privatisierung von Wasser, das in Afrika längst zum Spekulationsobjekt westlicher Unternehmen geworden ist. Publikumsgespräche, Filme und szenische Lesungen neuer afrikanischer Stücke runden das Programm ab.