Shoppen in Lindsays Kleiderschrank

Aus dem Polizeireport: The Bling Ring von Sofia Coppola

Wer als Kind davon träumte, über Nacht im Kaufhaus eingesperrt zu sein, ist in Sofia Coppolas neuem Film »The Bling Ring« richtig — wobei das Kaufhaus hier die Villen von Hollywood-Celebritys sind. Fünf Jugendliche brechen dort ein, wenn der jeweilige Star — etwa Paris Hilton, in deren Haus Coppola drehen durfte — gerade eine Party in Las Vegas schmeißt. Sie klauen Designertaschen, -sonnenbrillen, -schuhe, -schmuck und -kleider. Einen Teil davon behalten sie und protzen mit entsprechenden Fotos auf ihren Facebook-Seiten. Einen Teil verkaufen sie weiter, der Erlös verwandelt sich in rauschend verfeierte Nächte, was neue Motive für die Facebook-Seiten liefert. Dabei geht es den fünf nicht nur um die Chanel-Tasche, die Rolex-Uhr und die Louboutin-Pumps, sondern darum, sich die Berühmtheit der Celebritys anzueignen, indem sie deren Kleidung klauen.

 

»The Bling Ring« beruht auf einer wirklichen Begebenheit, die Journalistin Nancy Jo Sales hat darüber die Reportage »The Suspects Wore Louboutins« für Vanity Fair geschrieben und inzwischen auch ein Buch. Coppola setzt die Geschichte der jungen Diebe souverän in Szene, mit dem gewohnt guten Gespür für Musik, Details — hätten Sie gewusst, dass man im Gefängnis von Los Angeles künstliche Haarverlängerungen entfernen muss, es sei denn, man heißt Lindsay Lohan? — und selbstreferenzielle Witze: Um das Diebesgut zu transportieren, nutzen die fünf am liebsten Taschen und Koffer von Louis Vuitton. Coppola hat selbst eine Tasche für Louis Vuitton entworfen, eine kalbslederne Pochette, und ein Werbemotiv des Taschenherstellers zeigt sie in hohes Gras gebettet zu Füßen ihres Vaters Francis Ford Coppola, umgeben von Vuitton-Koffern.

 

Doch »The Bling Ring« mag sich nicht entscheiden. Der Film erfreut sich zum einen an den Oberflächenreizen und der Exaltation der Protagonisten, zum anderen raunt er leise, eine Gesellschaft, in der der Louboutin-Trieb alle anderen Triebe tötet, sei öde und leer. Eine fast kindliche Begeisterung für die Verführungskraft der Celebrity-Kultur paart sich mit Melancholie und Kulturpessimismus. Darin unterscheidet sich »The Bling Ring« nicht von früheren Filmen Coppolas, von »Somewhere« (2010) etwa oder von »Marie Antoinette« (2006). Und hier wie in den früheren Arbeiten verzichtet die Regisseurin auf analytische Durchdringung. Der Unterschied liegt darin, dass dieser Mangel diesmal wirklich schmerzt.