Auf der Suche nach dem Glück

Spätwestern: Gold von Thomas Arslan

Allein im Jahr 1882 wanderten eine Viertelmillion Deutsche nach Amerika aus — im Vergleich dazu ist die aktuelle Migrationsbewegung von Spanien nach Deutschland keine Welle, sondern bestenfalls ein Plätschern. »Gold« erzählt die Geschichte einer kleinen Gruppe deutscher Amerika-Migranten, die in der Neuen Welt ihr Glück nicht gefunden haben und die es daher weiter Richtung Nordwesten zieht. Erneut werfen sie alles in die Wagschale. Im Sommer 1898 machen sie sich auf den langen Weg Richtung Dawson, dem Zentrum für alle Goldsucher am kanadischen Klondike River.

 

Regisseur und Drehbuchautor Thomas Arslan, Sohn eines türkischen Vaters und einer deutschen Mutter, hat in einer Trilogie zu Beginn seiner Laufbahn das Leben türkischstämmiger Jugendlicher und junger Erwachsener im Berlin der Gegenwart beschrieben, mit »Gold« erinnert er jetzt an die kaum im öffentlichen Bewusstsein verankerte Migrationsgeschichte der Deutschen. Hier trifft jedoch nicht eine Kultur auf eine andere. Es geht nicht um das Fremde und das Eigene, Abgrenzung oder Assimilation. Der amerikanische Kontinent ist zwar schon von Ost nach West besiedelt, aber eine wirkliche Zivilgesellschaft hat sich noch nicht entwickelt — und noch längst ist die Natur nicht bezwungen. Gegenspieler für die deutschen Goldsucher sind Wasser und Wälder, Berge und eine Bärenfalle.

 

Die Bilder sind vertraut: Ein Treck auf dem Weg durch die Wildnis, Pferde und Planwagen, Indianer und Gewehre — Arslan bewegt sich in der Welt des Westerns. Ein Genre, dessen Geschichte eigentlich abgeschlossen ist. Schon in den späten 60er Jahren hatte es sich derart oft neu erfunden, dass es eigentlich nichts mehr Neues zu sagen gab. Western wurden parodiert, dekonstruiert, entmythologisiert, politisiert, nach innen gewendet und in Blutorgien ersäuft, bis ihnen am Ende die Zuschauer wegliefen.

 

Arslan geht angesichts dieser Erschöpfung des Genres den genau umgekehrten Weg wie Quentin Tarantino. Wo »Django Unchained« in alle Richtungen expandiert, Genregrenzen überschreitet, den Blutzoll selbst gegenüber dem Italowestern noch einmal erhöht und auch bei der Laufzeit kein Ende zu finden scheint, beschränkt sich »Gold« auf Grundelemente, die nur zum Teil behutsam der historischen Realität angenähert oder neu interpretiert werden. Arslan will zu den zeitlosen Wahrheiten des Westerns vordringen, zum Gleichnishaften. In der Gier nach Gold mag sich das kalte Herz des Kapitalismus offenbaren, aber zugleich auch die legitime Hoffnung nach einem besseren Leben, das die Menschen immer wieder in die Fremde zieht.