»Wir gründen selber eine Verwertungs­gesellschaft«

Netzmusik #11

C3S — die »faire Alternative zur GEMA« — startet Crowdfunding

Kurz vor Erscheinen dieser Ausgabe, am 14. Juli, hat die Cultural Commons Collecting Society (C3S) den Startschuss für ihre Gründungsphase gegeben. Bisher ist die C3S eine Interessengemeinschaft von Musikern, die mit der GEMA unzufrieden sind und daran arbeiten, eine eigene Verwertungsgesellschaft zu gründen. Nun soll daraus eine europäische Genossenschaft gegründet werden, mit mindestens 1.000 Mitgliedern und 50.000 Euro Startkapital. Wünschenswert wären allerdings 3.000 Mitglieder. In Kombination mit einem wirtschaftlich relevanten Repertoire sollte dies nach Aussagen der C3S ausreichen, um die Verwertungsgesellschaft tragen zu können. Um vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) aber als Verwertungsgesellschaft anerkannt zu werden, muss als letzte Hürde die Umsetzung einer Infrastruktur zur Verwaltung und Abrechnung nachgewiesen werden.

 

Zunächst wird die Genossenschaft mit rund 60 Gründungsmitglieder gegründet, die gemeinsam ein Startkapital von 30.000 Euro aufbringen müssen. Anschließend werden alle Personen, die sich am Crowdfunding beteiligt haben,als Mitglieder aufgenommen. Dabei entsprechen je 50 Euro einem Anteil an der Genossenschaft, wobei jedes Mitglied unabhängig von seinem Anteil nureine Stimme hat. Die Gründungsmitglieder gibt es bereits, die weiteren Mitglieder gilt es noch zu gewinnen.

 

Die C3S positioniert sich als »faire Alternative zur GEMA« und möchte ihre Mitglieder stärker in die Entscheidungsprozesse einbeziehen, um die Tarife und Abrechnungen transparent und für jeden nachvollziehbar gestalten. Die Mitglieder sollen selber entscheiden können, für welche Stücke ihres Repertoires sie die Verwertungsrechte zur Wahrnehmung an die C3S übertragen und bei welchen Stücken sie dies lieber selber tun wollen. Moderne Technologien sollen helfen, möglichst exakt abzurechen. Verlage sollen eher eine untergeordnete Rolle in den Entscheidungsstrukturen spielen. Der größte Unterschied zur GEMA dürfte aber der Umgang mit den Creative Commons Lizenzen (CC) sein. Im Gegensatz zur C3S erlaubt die GEMA ihren Mitgliedern zur Zeit nicht unter CC zu veröffentlichen, ein Umstand der vor einiger Zeit überhaupt erst die heutigen C3S Mitglieder auf die Idee brachte, »selber eine Verwertungsgesellschaft« zu gründen.

 

Zum Verhältnis zur GEMA angesprochen, sagte Wolfgang Senges, Sprecher und Mitglied des Kernteams der C3S: »Einerseits (und vor allem) waren wir nie ein Freund der Polemik und des GEMA-Bashings, denn zu vieles stimmt nicht. Damit ist keinem Urheber geholfen. Mag natürlich auch sein, dass wir erst in der Abtast-Phase sind. Wir lassen uns überraschen. Wie auch immer, wir sind auch deswegen nicht auf blindem Protestkurs, weil Verwertungsgesellschaften per se eine gute Einrichtung sind, um den Urheber zu vertreten und (böses Wort) das Inkasso-Unternehmen des Urhebers zu sein.«

 

Andererseits sieht Wolfgang ­Senges die Abrechnungspraxis der GEMA dennoch kritisch: »Mit Datenproben wie die GEMA sie verwendet, kann man nicht genau abrechnen. Man kann mit Datenproben aber übermittelte Datenmassen auf Korrektheit überprüfen. Wir wollen Audio Fingerprinting und das einfache Zählen von Plays in den Playlists durchsetzen. Die oftmals eher als schwierig betrachtete Musikerkennung ist aber nur für begrenzte Bereiche notwendig. Meist handelt es sich um Playlist-Daten — und diese sind durchweg verfügbar. Dann reichen eine Online-Verbindung und Import/Export-Formate.«

 

Wolfgang Senges ist sich bewusst, dass noch ein langer Weg vor der C3S liegt, bis sie endlich als anerkannte Verwertungsgesellschaft ihren Betrieb aufnehmen können. Auch werden sie am Anfang »zunächst nur einige Bereiche abdecken, die eine gute Mischkalkulation aus Einnahmen und begrenztem Aufwand darstellen. Als jemand, der früher in der Software-Industrie für Rundfunk und TV tätig war, muss ich hier einen deutlichen Dämpfer setzen. Denn hier kommt eine Menge Überzeugungsarbeit auf uns zu.« Unterstützung erhält die C3S u.a. von dem »digitalen Vordenker« und Berater Jim Griffin sowie Prof. Dr. Carsten Winter von der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Fehlen jetzt nur noch möglichst viele Mitglieder in der zu gründenden Genossenschaft.
Weitere Infos: http://c3s.cc

 

C3SIgnition Mix
http://bit.ly/c3sIgnition
Passend zum Thema haben wir uns den Sampler zum Gründungscrowdfunding der C3S angehört, der den Namen »C3S :: Ignition Mix« trägt und — klar — zum freien Download erhältlich ist. Dafür hat man nicht irgend­eine Plattform gewählt, sondern das Free Music Archive, das Leucht­­turm-Projekt für freie Musk schlechthin. Mit, nun ja, politischen Compilations ist das ja immer so eine Sache. Wie beim Free Music Sampler der Musik­piraten versucht sich der C3S-Sampler an der Darstellung der maximalen Bandbreite freier Musik. Heißt: Stoner Rock folgt auf Experimental folgt auf Jazz folgt auf Indiepop. Nur schwer an einem Stück durchzuhören, aber trotzdem mit beachtlichen Höhepunkten. Eric Eckhart erreicht Death CabforCutie-Hitpotenzial, Gahzed schrammeln tollen, knarzigen Electro-Rock, Dr. Freebs croont feinsten Soul und überhaupt hat Volker Tripphier viele schöne Tracks seines Netlabelsideology untergebracht. Aber auch echte Netzmusik-Stars wie die nimmermüde Zoe.leela steuern frische Tracks bei. Und zwei von dieser Kolumne bekannte Kölner haben ebenfalls etwas beigetragen.