Unten Grubenpferd, oben Currywurst

Klaus Fehling verläuft sich fast im Deutschen Bergbau-Museum Bochum

Der Tag, in dessen Verlauf wir unter der Erde einem wiehernden Pferd begegnen, staunend durch die runden Fenster eines UFOs schauen und mitten in Bochum unter einem Dortmunder Turm stehen werden, beginnt unspektakulär und ohne dass wir von all dem etwas ahnen. Am Kölner Hauptbahnhof besteigen wir den Regionalexpress in Richtung Bochum und fahren mitten hinein in den Kohlenpott.
Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen die Bewohner von Bochum oder Essen keine weiße Wäsche zum Trocknen nach draußen hängen konnten, ohne dass diese grau vom Kohlenstaub wurde. Doch auf die Spuren des schwarzen Goldes stößt man im Revier immer noch. Schon von Weitem erkennt man die ehemaligen Zechen, die jetzt Kulturzentrum, Kino oder sogar Teil des Weltkulturerbes sind, an ihren Fördertürmen.
Einer dieser Türme steht in Bochum an einer ungewöhnlichen Stelle: auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofs. Kohle gefördert wurde an diesem Ort nie, und das Fördergerüst stand früher im Dienste der Zeche »Germania« in Dortmund. Dort wurde es 1973 demontiert, um hier in Bochum wieder aufgebaut zu werden. Wo früher Vieh geschlachtet wurde, dreht sich heute alles um den Bergbau. Wir besuchen des größte Bergbau-Museum der Welt.

Schülergruppen und Japaner

Schon bei unserer Ankunft überkommt uns ein »Unter-Tage-Gefühl«: Die Wände der U-Bahn-Station sind mit einem kohlenschwarzen Material beklebt, und ein gelb lackierter Förderwagen am Fuße der Treppe stimmt uns auf das ein, was uns über Tage erwartet.
Nach einer kurzen Orientierung im Tageslicht und Sichtung des Currywurst-Angebotes auf der anderen Straßenseite durchschreiten wir den Säuleneingang des Museums, wo wir die nächsten Stunden zwischen Schülergruppen und Japanern in den über 20 großen Räumen der Ausstellung verbringen werden.
Einen vorgegebenen Weg durch die nach Themen (u.a. »Lagerstätten und Rohstoffe«, »Entwässerung, Belüftung« und »Bergbau in Kunst und Kultur«) geordnete Sammlung gibt es nicht. Also lassen wir uns von unserer Neugier und unserem Entdeckerinstinkt leiten. Überall, wo es glitzert, funkelt oder Lärm macht, gehen wir gucken. So entdecken wir einen riesigen Eisenmeteroiten, ein Modell des Tagebaus »Fortuna«, in dem man auf Tastendruck einzelne Teile beleuchten kann, und mehrere sehr alte Stereo-Bildbetrachter, die einen Mordslärm machen, wenn man sich blassfarbige dreidimensionale Bilder aus vergangenen Jahrzehnten ansehen will. Es gibt Hunderte von Modellen, Schautafeln, Dioramen und nicht zuletzt unglaublich viele Maschinen, vom Presslufthammer bis zum Bagger.
Wir entdecken ein Diorama in Form eines riesigen Plastik-Ufos, durch dessen Bullaugen man auf eine beleuchtete Szene aus dem Unterwasser-Bergbau blicken kann. Wer das nicht auf Anhieb versteht, findet sicher einen erklärenden Text auf einer der zahlreichen Tafeln. Und diejenigen, die bislang gar kein echtes Interesse an der Geschichte des Bergbaus hatten, werden vielleicht durch Details wie die liebevoll in Szene gesetzten Modelle von Schrebergärten und Bergmannswohnhäusern neugierig.

Kohle bloß angeklebt

Höhepunkt aber ist die Einfahrt in das Anschauungsbergwerk. Es ist extra zu diesem Zweck angelegt worden ist. Der Stollen ist nur 17 Meter tief, die Kohle bloß angeklebt. Aber je weiter uns der in einem Bergmannskostüm steckende Museumspädagoge durch die weitläufige und verzweigte Stollenanlage führt und Geschichten über die Arbeitsbedingungen der Kohle-Kumpel erzählt (»Was macht der Bergmann, wenn er mal muss?«), desto mehr vergessen wir, dass wir nicht Hunderte von Metern tief in einem Bergwerkstollen zahlreichen Gefahren ausgesetzt sind.
Als wir aber im Stollen auf Tobias, das (mechanische) Grubenpferd treffen, fühlen wir uns plötzlich sehr an eine Geisterbahn erinnert. Der Blechgaul wiehert freundlich vom Tonband, während uns der Museumspädagoge schnell weiterwinkt und uns im Gehen erzählt, wie schwer es diese Tiere einst unter Tage hatten. Vermutlich sollen wir nicht sehen, dass Tobias, der Letzte seiner Art, nicht mehr im allerbesten Zustand ist.
Bei der Ausfahrt wird uns angeboten, den Turm hoch zu fahren, von oben kann man die ganze Stadt überblicken. Wir lehnen ab. Stattdessen gönnen wir uns eine leckere Currywurst mit Pommes und Mayo. An einem wackeligen Tisch des »Bergbau-Grill«.

Bahn:
Von Bochum Hauptbahnhof mit der U 35 in Richtung Herne bis Station »Deutsches Bergbau-Museum«. Fahrzeit ca. 3 Minuten.
Zugfahrt Köln-Bochum (RE) ca. 75 Minuten.
PKW:
A 40. Ausfahrt BO-Zentrum, Richtung Zentrum, nach ca. 2 km liegt das Museum auf der linken Seite.
Öffnungszeiten:
D- Fr: 8.30-17.00 Uhr, Sa/So: 10.00-17.00 Uhr, Mo geschlossen.
Preise:
Erwachsene 6 Euro, Jugendliche, Schüler, Studenten, Arbeitslose, Behinderte und Spätbesucher 3 Euro, Familienkarte 14 Euro
Infos:
Deutsches Bergbau-Museum Bochum (DBM), Am Bergbaumuseum 28, 44791 Bochum, Eingang: Europaplatz (früher Wielandstraße), Tel.: 0234/
5877-0, www.bergbaumuseum.de