Action-Szenen mit Tierpräparaten

Bernd Wilberg schlendert mit Kopfhörer durch das »Haus des Waldes«

Für viele kleine bis mittelgroße Dinge gibt es Museen. Edelsteine, Topflappen und romantische Landschaftsgemälde finden bequem überall Platz. Wie aber kriegt man den Wald ins Museum? Das kleine Museum »Haus des Waldes« befindet sich auf Gut Leidenhausen in Köln-Porz. Das ehemalige Rittergut (erstmals 1329 urkundlich erwähnt) fungiert heute als Naherholungsgebiet. Es liegt zwischen der A 59 und dem Grengeler Mauspfad. Beide Autostraßen sind trotz der stilistisch arg divergierenden Namensgebung ähnlich stark frequentiert: Am Mauspfad gibt es noch einen Fahrradweg, neben der Autobahn dafür die ICE-Anbindung an den Flughafen Porz-Wahn. In dem Waldstück dazwischen ist es trotzdem recht angenehm. Zwölf Kilometer Wanderwege gibt es, ideal für Dauerlauf oder um händchenhaltend spazieren zu gehen. Es gibt Liegewiesen, Grillhütten, Wildgehege mit richtigen Rehen und Wildschweinen und eine Greifvogelstation, in der nur Vögel mit unglaublich komischem Gesichtsausdruck wohnen.

Vorwort von Norbert Burger und weitere Kuriositäten

Das »Haus des Waldes« gibt es seit 1982. Aus diesem Jahr stammt auch das Begleitbuch zur Ausstellung. Es handelt sich noch um die Erstauflage: Im Vorwort grüßt Oberbürgermeister Norbert Burger (ihre Großeltern erinnern sich vielleicht). Dann folgen Erklärungen in bester Sekundarstufe-II-Prosa zum Thema »Wald im Wandel«, flankiert von lehrreichen Buntstift-Zeichnungen studentischer Hilfskräfte. Um durch die Ausstellung zu laufen, leiht man sich besser einen CD-Spieler mit Umhängegurt und Kopfhörer.
Insgesamt gibt es neun Abschnitte zu Themen wie »Waldentwicklung«, »Der Baum« oder »Waldgesellschaften«. Museumspädagogisch ist manches kurios: Das Treppengeländer am Aufgang ist in graue und braune Abschnitte unterteilt, die durch einen Wulst abgetrennt sind. Fährt man mit der Hand darauf entlang, soll sich ein Gefühl für die Abfolge von Eis- und Warmzeiten während der Erdgeschichte vermitteln. Anderes wirkt unnötig aufwändig: An der Kopfwand des linken Raumes hängt eine riesige bemalte Weltkarte, neben der auf Knopfdruck Dias vom Hartlaubwald oder Nördlichem Nadelwald beleuchtet werden. Zugleich beginnen dann auf der Weltkarte einige Lämpchen zu blinken, damit man lernt, wo es entsprechende Wälder gibt.
Nachdem wir ein ausgestopftes Wisent passiert haben, lernen wir: »Der Waldboden ist das Verdauungsorgan des Waldes«, so der Merksatz aus dem Kopfhörer. Vor uns sind hüfthohe Vitrinen mit Bodenquerschnitten aufgestellt: Dass der Boden einer Fichtenmonokultur kaum mehr als harzige Nadeln zu bieten hat und bestenfalls 200 Tierarten behagt, glaubt man nach dem ersten Blick. Das sieht nicht gut aus. Der Bodenquerschnitt vom »naturnahen Laubmischwald« wirkt einladender, prompt erfahren wir, dass es sich hier über 1.000 Tierarten behaglich machen.

Lehrreiche Action-Szenen

Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes gibt es eine knappe Einführung in die Dendrochronologie: Anhand der Jahresringe eines Baums kann man nicht nur dessen Alter bestimmen, sondern – durch Vergleich mit anderen Bäumen – auch Baumring-Kalender erstellen. Der »süddeutsche Tannenkalender« reicht 2.500 Jahre zurück, der »Eichenkalender« sogar 9.000 Jahre. Die ausgestellte Eichenscheibe gehörte zu einem Baum, der von 443 bis 212 v. Chr. lebte. Die Erläuterungen auf den braunen Schautafeln allein sind allerdings recht dürftig, Besucher ohne Kopfhörer drücken manchmal bloß lustlos auf Knöpfe, in der Hoffnung, das irgendwas Spektakuläres passiert. Andere aber sind gerade fasziniert von eher simplen Exponaten. »Der Fliegenpilz sieht voll einmalig aus!«, murmelt eine junge Frau verwundert. »Aber wennde den frisst, biste sofort kaputt...« wird sie von ihrer Begleitung barsch belehrt und zur Abteilung »Tiere des Waldes« weitergezogen. Dort hat man mit Tierpräparaten Action-Szenen aus dem Tierreich nachgestellt. So versucht etwa ein Fuchs vergeblich einen Igel aufzurollen, oder ein Sperber, der an Bindfäden hängt, stürzt sich auf einen Buchfinken. Ab und an poltern ein paar Kinder durch den Raum, zeigen auf die Tiere und schreien »Boah!« oder »Süüüß!«. »Boah« sind kämpfende Hirschkäfer und eine kleine Fledermaus. Süß sind Dachs, Zilpzalp und Kaninchen.

Der Wald ist voller Wunder

Kurz vor Schluss macht der CD-Spieler schlapp. Warum die Kahlrückigen Roten Waldameisen (Formica polyctena) im Gefieder eines Eichelhähers rumkrabbeln, erfahren wir nicht mehr. Stattdessen gucken wir noch den dia-show-ähnlichen Kurzfilm »Ökovision«: Fotos von farbenprächtigen Vögeln und skurrilen Insekten werden mit wabernden Synthesizerflächen unterlegt. Eine Stimme aus dem Off sagt ernst: »Der Wald ist voller Wunder«. Draußen vor der Tür werden wir gleich mal nachgucken.


INFO
Haus des Waldes, Gut Leidenhausen, 51147 Köln (Porz-Eil), Tel. 02203 / 399 87.
ÖFFNUNGSZEITEN
Sonn- und feiertags von Oktober bis März 10-17 Uhr, April bis September 10-18 Uhr (die benachbarte Greifvogelstation hat dieselben Öffnungszeiten, der Eintritt ist frei).
PREISE
Erwachsene: 1,20 EUR; Gruppen ab 10 Personen: 1 EUR; Kinder/ Jugendliche: 0,50 EUR; Familientageskarte (Eltern mit minderjährigen Kindern): 3 EUR; Jahreskarte: 20 EUR. Führungen gibt es nach Vereinbarung wochentags für 30 EUR bzw. Sa/So für 33 EUR. Das Begleitbuch zur Ausstellung kostet genau 6,14 EUR. Der CD-Player-Verleih ist kostenlos.
ANFAHRT
Mit dem PKW zum Parkplatz am Hirschgraben, direkt hinter der Autobahnbrücke, oder mit der
S-Bahn S12 bis Bahnhof »Porz, Rhein«, von dort rechts runter zur Bushaltestelle »Bahnhof, Porz« und dann weiter mit der Buslinie 152 bis »Eil, Heumarer Str.«. Dann zu Fuß über den Hirschgraben bis zum Parkplatz Gut Leidenhausen, dort der Beschilderung folgen.