Erdmöbel

Wenn Bands ihr nächstes Album veröffentlichen, wird gerne behauptet, man habe sich völlig neu erfunden, und nichts sei mehr wie zuvor.  Auch die Presseinfo zum neuen Album der Kölner Band Erdmöbel ist gespickt mit solchen Statements: »Wenn wir fanden, dass etwas klang wie typisch Erdmöbel, bedeutete das, dass wir es scheiße fanden«, verlautbart Produzent Ekki Maas. Und Songwriter Markus Berges kolportiert: »Es war klar, dass ich nichts schreiben durfte, das sich wie der Vorgänger ­›Krokus‹ anhört.«

 

Bla, bla, blub. »Kung Fu Fighting« ist natürlich wieder volle Lotte Erdmöbel. Und das ist gut so. Alles Erdmöbelige wurde für das Album sogar noch auf die Spitze getrieben: die luftig leichten, im Kern aus Akustikgitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug meister­haft verwobenen Arrangements, die Reminiszenzen  an den Pop-deluxe eines Burt Bacharch, das ausgefuchste Easy-Listening, die schrullige Onkelhaftigkeit und natürlich der diskursive Ansatz: Berges verabschiedet sich immer weiter vom Konzept eines lyrischen Ichs, dessen Gefühls­welten innerhalb eines Songs zum Ausdruck gebracht werden sollen. Stattdessen betreibt er Wortmalerei, immer auf der Suche nach Begriffen die es bislang garantiert noch in keinen deutschen Popsong geschafft haben: Hauhechelbläulinge, Oer-Erkenschwick, GbR-Funktionshosen.

 

Einen Inhalt kann man sich als Hörer natürlich immer zusammenreimen. Muss man aber nicht. Denn das ist — bei aller Skurilitätsversessenheit — das Schöne an den Berges-Texten: Sie wollen nicht viel mehr außer gut klingen. Was bei der sonstigen Message-Versessenheit deutscher Poplyrics echt mal eine Erfrischung ist.

 

So braucht die Musik nicht die zweite Geige zu spielen, sondern darf sich gerne mal ins Rampenlicht schieben. Auf »Kung Fu Fighting« ist es wieder einmal der Bass von Ekki Maas, der die  Berges-Melodien  in Schlangenlinien kontrapunktisch umgarnt und (noch mehr als zuvor) die Posaune, die diesmal verstärkt durch eine Querflöte dem Reigen der Hooklines noch eins oben drauf setzt. Es scheint zunächst abwegig, aber in Wahrheit klingen Erdmöbel in­-zwischen wie die frühen Cardigans. Ohne den Zuckerschock-auslösenden Lolita Gesang, natürlich. Dafür mit einer Extra Portion Knirscherei im Gebälk.

 

Tonträger: »Kung Fu Fighting« (jippie!?/ Rough Trade), erscheint am 27.9.