Foto: Manfred Wegener

Crocodiles: Mit Teamgeist zum Touchdown

American Football ist hart und eigentlich Männersache. Die Cologne Crocodiles Ladies schreckt das nicht.

Jahnwiesen, Köln-Müngersdorf. Ein warmer, drückender Juli-Abend. Der Geruch von Autoabgasen und frisch gemähtem Gras bestimmt die Szenerie. Inmitten von Hobbyfussballern der Bunten Liga, trägen SonnenanbeterInnen und jugendlichem Cheerleadernachwuchs trainieren die Cologne Crocodiles Ladies. Eher gemächlich wird das Training heute angegangen, denn immerhin waren die Frauen vor zwei Tagen noch im Einsatz. Es sind nicht viele zur heutigen Übungseinheit gekommen, aber das ist laut Trainer Charlie Unkelbach einfach unvermeidlich beim American Football der Frauen. Man ist froh über jede, die überhaupt kommt und spielen will, dementsprechend haben »sehr viele die Einstellung einer Thekenmannschaft«, räumt der Coach ein.
Dennoch haben sich die Frauen für das Play Off Halbfinale Anfang September qualifiziert. Die Crocodiles werden wohl in Berlin antreten, im Stade Napoleon bei den heimischen Adler Girls. Die Berlinerinnen stehen schon jetzt als eindrucksvoller Sieger der Nord-Gruppe fest, die Kölnerinnen belegen den zweiten Platz in der Abteilung Süd. Sie wissen um die Stärke der Mannschaft aus Berlin, trotzdem ist die Stimmung entspannt. »Wir haben eigentlich keine großen Chancen, wir können locker hinfahren und uns so teuer wie möglich verkaufen«, sinniert Pascale Felt. Sie ist Linebacker. Im Spiel hat sie die Aufgabe, den Weg für die Ballträgerin freizublocken, oder beim Passspiel die Quarterback-Spielerin zu schützen, damit sie Zeit hat, den Ball zu werfen. Pascale spielt seit acht Jahren bei den Cologne Crocodiles. Sie ist damals einfach mal mit ihrer Schwester mitgegangen und dann begeistert dabeigeblieben. Mittlerweile gehört sie zu den erfahrensten Spielerinnen im Team, wo die Jüngsten gerade mal 15 sind, und die Älteste mit knapp 40 zu Beginn der Saison ihre Karriere beendete.
Schon seit 1986 spielen Frauen in Deutschland Football, einen organisierten Ligabetrieb gibt es seit 1989. Die Cologne Crocodiles waren eines der ersten Teams und gehören zu den wenigen, die sich bis heute gehalten haben. Keine Selbstverständlichkeit in einem Sport, in dem die Bundesligaspielerinnen Mitgliedsbeiträge zahlen und bei den Spielen Bier, selbst gemachte Kuchen und Salate verkaufen. Heute spielen zehn Teams in der Ersten Bundesliga der Frauen, wobei Planungssicherheit nach wie vor ein Fremdwort ist. Durch die fehlende finanzielle Unterstützung und die mangelnde Publicity sehen sich jedes Jahr zahlreiche Teams zur Auflösung gezwungen. Laut Spielordnung des American Football Verbandes Deutschland (AFVD) muss ein Team aus mindestens 30 Frauen bestehen, von denen 22 spielen. Da kommt es dann schon mal zu Kuriositäten, wie 1993, als sich der dreimalige Meister Bamberg Lady Bears auflösen musste, da das Team zum größten Teil aus amerikanischen SoldatInnen oder Angehörigen der amerikanischen Armee bestand, und die Streitkräfte in diesem Jahr aus Deutschland abgezogen wurden.
Eine Frage, die die Spielerinnen immer wieder beantworten müssen, lautet: warum entscheiden sich Frauen für so eine harte Sportart wie American Football? »Den Reiz macht vor allem das Teamgefühl aus«, erklärt Pascale Felt, »es können nur wenige die Helden sein, aber viele müssen die Wasserträger spielen. Man muss als Einheit zusammenhalten. Wenn man gemeinsam auf dem Feld ist, kommt eine unheimliche Gruppendynamik auf.« Ein Umstand, der auch auf das Regelwerk des American Football zurückzuführen ist, denn individuelle Strafen gibt es nicht, Fouls und Regelverstöße werden stets mit Raumstrafen geahndet, immer trifft es das gesamte Team.
Der starke Zusammenhalt ist aber auch eine Folge des lockeren Umgangs miteinander. Charlie Unkelbach ist ein geduldiger Trainer. Beim Jugendtraining nebenan klingt der Coach eher nach einem Drill Instructor, seine Schreie gellen über den gesamten Platz. Bei den Frauen ist der Ton moderater, schließlich ist man dankbar über jede Spielerin. Aber nur zum Spass sind die Frauen nicht hier, und so gibt es auch bei den Ladies Strafliegestützen nach misslungenen Aktionen.
Natürlich darf auch beim Damenfootball die Show nicht fehlen. Ab und zu sorgen die »Pink Poms« für Stimmung bei den Spielen, im Gegenzug fungieren die Ladies in voller Montur als Ordner für die männliche Cheerleadertruppe beim Christopher Street Day. Beim größten Erfolg der Crocodiles im Jahre 1998, der Teilnahme am Ladies-Bowl, dem Finale um die deutsche Meisterschaft, spielte eine amerikanische Band und der Spielball kam per Fallschirm ins Stadion geflogen. Vielleicht schaffen die Crocodiles auch in diesem Jahr die Überraschung und ziehen ins Finale ein. Denn glücklicherweise gilt für die Play Offs im American Football das Gleiche wie für den DFB-Pokal im Fußball: Sie haben ihre eigenen Gesetze.